In Bayern machen Tourismus-Hotspots dicht: Keine Genehmigungen für Ferienwohnungen mehr geplant

Die Kleinstadt Füssen in Bayern will in den nächsten acht Jahren fast keine Ferienwohnungen mehr genehmigen. Die Belastungsgrenze sei endgültig erreicht.
Alexander Spöri
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Eine Ferienwohnung im Allgäu: Zahlreiche neue geplante Unterkünfte wurden nicht genehmigt.
Eine Ferienwohnung im Allgäu: Zahlreiche neue geplante Unterkünfte wurden nicht genehmigt. © imago

München/Füssen - Eigentlich ist Maximilian Eichstetter (CSU) von den mit Touristen gefüllten Straßen in seiner Allgäuer Kleinstadt Füssen begeistert. Wenn es "scheppert", überall "Rambazamba" ist, sei es nicht so trist und einsam in der Kommune an der Grenze zu Österreich, wie der Bürgermeister der AZ erzählt. Doch mittlerweile sei die "Grenze des Belastbaren" erreicht, sagt Eichstetter.

Vor allem in den letzten zehn Wochen griff seine Stadtverwaltung strikt durch und lehnte 32 Anträge für Nebenwohnsitze und neu geplante Ferienwohnungen ab. Die Unterkünfte wären ihm zufolge sonst dem stark umkämpften Wohnungsmarkt entzogen worden. "Das wäre mit Blick auf die Wohnungsnot drastisch gewesen", meint der Chef des Füssener Rathauses.

Tourismus in Bayern: Jede fünfte Wohneinheit ist in Füssen eine Ferien- oder Zweitwohnung

Inzwischen zählt die Stadt am Lech mehr als 1200 Urlaubsdomizile und 1450 Zweitwohnungen. "Jede fünfte Wohneinheit in Füssen, Hopfen oder Weißensee ist eines von beiden", sagt Eichstetter. "Dagegen gehen wir mit einem klaren Beherbergungskonzept vor." Bei dem handelt es sich um einen Leitfaden, der 2017 angestoßen wurde.

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Er gibt darüber Aufschluss, in welchen Straßen der Kommune Eigentümer überhaupt weiterhin Zweitwohnsitze anmelden und Ferienwohnungen vermieten dürfen. Zahlreiche Bebauungspläne wurden dafür in den letzten Jahren umgestaltet und mit einer Veränderungssperre versehen, damit dort bis Anfang des nächsten Jahrzehnts der Wohnraum den tatsächlich Bedürftigen zusteht. "Das ist unser Weg – mindestens bis 2032", so Eichstetter. Trotzdem gebe es "brutal" viele Anträge, die größtenteils abgelehnt werden.

Um diese Antragsflut weiter zu bremsen, sei auch die Zweitwohnsitzsteuer erhöht worden. "Im Vergleich zu Mallorca ist es aber noch deutlich billiger", stellt Eichstetter fest. Seine Stadt sei teilweise von Wochenendgästen abhängig. Außerdem sei eine zweite Bleibe oder Ferienwohnung in der Füssener Umgebung nicht "schlimm", räumt er ein. "Trotzdem geht es so nicht mehr weiter." Ein regulatorischer Eingriff sei mittlerweile unvermeidbar.

Zweitwohnsitze: Kommunen im Berchtesgadener Land greifen durch

"Endlich tun Sie was dagegen", hätten zahlreiche Einheimische – manche davon auf der Suche nach einer Wohnung – Eichstetter gesagt. Andere sind vom strikten Kurs der Stadt offenbar wenig begeistert. Denen teile der Ortsvorsteher mit, dass keine Bestandswohnungen "verhindert" werden, sondern nur keine neuen dazu kommen dürfen. Außerdem gebe es bei Härtefällen, wenn eine Unterkunft unter anderem aus dem Familienbesitz weitergegeben wird, auch spezielle Ausnahmeregelungen.

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Ähnlich ist die Lage auch in vielen weiteren bayerischen Gemeinden. Vor allem im Berchtesgadener Land greifen viele Kommunen konsequent durch. "Wir haben als Erstes eine Satzung entwickelt, wo Zweitwohnsitze in gewissen Regionen nicht zugelassen werden", bestätigt der Bürgermeister von Berchtesgaden. Im Vergleich mit Füssen sei der "Leidensdruck" in seiner Ortschaft noch geringer. "Trotzdem wollten wir proaktiv tätig werden", sagt Franz Rasp (CSU).

Das Problem in der Salzstadt im Süden von Bayern sei, dass viele Erwerbstätige in Rente gehen und dann für die nachkommenden Generationen zu wenig Platz übrigbleibe. Mit Ferienwohnungen hat Rasp, wie er selbst meint, weniger Probleme. Sie stärken schließlich den Tourismus und damit auch die Wirtschaft. Im Nachbarort Schönau am Königssee beurteilt man die Situation genauso.

"Bin um jede Wohnung froh": Keine Anträge für neue Bauvorhaben im bayerischen Tourismus-Hotspot

"Ich bin um jede Wohnung froh, die gebaut wird, aber auch um jede Ferienunterkunft", meint der dortige Rathauschef. Im Hinblick auf Nebenwohnsitze vertritt Hannes Rasp (nicht verwandt mit Franz Rasp) eine deutliche Haltung: "Wir probieren seit Jahrzehnten mit allen Möglichkeiten, Zweitwohnsitze zu verhindern." Bürger, die vor Ort Steuern zahlen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, seien laut Rasp wichtiger als Menschen, die viel Geld haben und leerstehende Wohnungen besitzen.

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Als Negativbeispiel nennt Rasp Ortschaften auf der anderen Seite der Grenze im Land Salzburg. Dort gibt es ihm zufolge teilweise mehr Zweitwohnungen als Einwohner in den Städten und Gemeinden. Dass sich ein ähnliches Bild hierzulande entwickelt, will der Ortsvorsteher deshalb unbedingt verhindern.

Besonders verunsichert sind die drei bayerischen Bürgermeister allerdings aus einem Grund: "Aktuell schaut es in der Baubranche echt mau aus", erzählt Eichstetter. Bisher seien kaum Anträge in Füssen sowie im Berchtesgadener Land für das Jahr 2024 eingegangen. Das Bauamt freue sich bereits darauf wieder Anträge für Mehr- und Einfamilienhäuser zu prüfen. Bislang ginge es aber fast ausschließlich um "Carpods" und Garagen. Nur durch den Bau weiterer Wohnstätten könne die Wohnungsnot – unabhängig von den ergriffenen regulatorischen Maßnahmen - effektiv bekämpft werden. Darin sind sich alle einig.

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  • Analyst am 27.12.2023 22:43 Uhr / Bewertung:

    Das ist zu einem Deutschlandweiten Problem geworden.Hundertsusende Wohnung gehen dem Markt durch ARBNB und anderen Portalen verloren.Diese Wohnungen stehen bestimmt 6/7;Monate leer und sind vergeudet.

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