Im Namen der Spendierhose
Nürnberg - Der Nürnberger Stadtrat will ein neues Museum und mehr Geld für Tanz, Jazz und den Kabarettpreis
Geld macht, was es will: Gerade hatte der Nürnberger Stadtrat einstimmig einer Kultur-Initiative, die im Rio-Kino Theater, Konzerte und Lesungen aufziehen wollte, eine Absage erteilt (mit dem Hinweis, dass Umrüstkosten von mindestens 250000 Euro für eine Privatimmobilie ebenso wenig vertretbar seien wie Programmzuschüsse von 50000 Euro), da segnete man ebenso einmütig die Vision eines neuen Museums in „Millionen-Dimension“ ab. Das wollte Richard Würffel (SPD) dann doch lieber „unter dem Deckel“ halten, um die öffentliche „Skepsis“ nicht gleich zu schüren.
Kulturreferentin Julia Lehner erinnerte denn auch daran, dass vor ein paar Jahren die Idee, jüdisches Leben in Nürnberg auf 200 m2 aufzubereiten, an den Kosten scheiterte. Das nun geplante „Museum zur Erinnerung an die Zerstörung Altnürnbergs“ soll eine „Leerstelle“ schließen und Bombenangriffe wie die wenig bewusste Wiederaufbauleistung thematisieren. Möglichst an einem Originalschauplatz: etwa dem Pellerhaus, dem Kunstbunker (was momentan 9 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit fraglich erscheinen lassen) oder der Neutorturm, der vor 13 Jahren in einer Sonderschau schon mal den Blick schärfte.
Niedergänge aller Art bestimmten überhaupt den Kurs: Nicht nur Kriegserbe, sondern auch Kapitalismus-Ballast. Auf dem verlassenen AEG-Areal, auf dem das geschrumpfte Amt für Kultur und Freizeit (Tafelhalle und K4 wanderten bekanntlich ans KunstKulturQuartier) als Versöhnungszuckerl ein Kulturzentrum entwickeln darf, wird auch ein neuer „KinderKunstRaum“ mit 45000 Euro Erst-Budget verortet. Und die abgeblockte Rio-Initiative wurde eingeladen, sich doch auch dort anzusiedeln.
Hinterm kulturpolitischen Stillstand geht’s nun weiter. Überall. Im Namen der Spendierhose will man die Summe für den Deutschen Kabarettpreis erhöhen (vielleicht beflügelt durch Preisträger Jörg Hubes legendären Ausruf: „So an Haufden Geld!“). Das „Stimmenfang“-Festival als Nachfolgemodell von „Jazz Ost-West“ will man aufrüsten und so den Ruf der „Jazzstadt Nürnberg“ polieren. Auch wenn Lehner (trotz Radikalverjüngungskur im Jazzstudio!) die kühne These vertrat, dass diese „Musikgattung nicht mehr im Fokus junger Menschen“ steht. Da war die Rückendeckung für die unterversorgte Tanzszene, als „Steppe“ mit einzelnen Blüten bezeichnet, noch vorbehaltloser: Beflügelt vom „Tanzen!08“-Erfolg, will man ihr finanziell stärker unter die Arme greifen und die „Tanzzentrale“ womöglich ins KuKuQ umsiedeln. Das Raumordnungsverfahren dort ist also eröffnet. Andreas Radlmaier
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