Hitlers marode Tribüne wird zum 70-Millionen-Euro-Grab
OB Ulrich Maly fordert: Bund und Freistaat sollen mit einem Sonderprogramm bei der Finanzierung helfen. Experten rechnen mit einer Bauzeit von zehn bis zwölf Jahren. Das Norisring-Rennen ist gefährdet.
NÜRNBERG Hitlers Tribüne bröckelt. Das ehemalige Reichsparteitagsgelände muss saniert werden. Sonst stürzen die Nazi-Bauten, die einmal das 1000-jährige Reich symbolisieren sollten, in den nächsten zwanzig Jahren ein. Rund 70 Millionen Euro kostet es, Zeppelintribüne und Zeppelinfeld zu erhalten. Geld, das die Stadt Nürnberg nicht hat. Deshalb sollen nun der Bund und der Freistaat helfen.
„Wir sind verpflichtet, diese Zeugnisse des Naziregimes als authentischen Ort des Größenwahns nachfolgenden Generationen zu erhalten. Er ist ein deutsches, ein nationales, auch ein bayerisches Erbe“, appellierte OB Ulrich Maly (SPD) gestern. „Es geht nicht um eine Verschönerung. Der Ort muss erhalten werden, damit er seine geschichtliche Botschaft vermitteln kann“, begründete er seine Forderung nach einem finanziellen Sonderprogramm. Der Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen in Berlin sei gut gewählt. „Jetzt kann es uns gelingen, das Thema zu platzieren!“ Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) habe seine Unterstützung zugesagt.
650.000 Euro für Sofortmaßnahmen
Zwischen 30.000 und 100.000 Euro steckte die Bauverwaltung bisher jedes Jahr in den Unterhalt der Nazi-Bauten. Zu wenig, wie sich nun herausstellt. Denn die 350 Meter lange Tribüne (Bauzeit: 1935-37), die Wallanlage um das Zeppelinfeld und die 34 Türme (Gesamtfläche 14 Hektar) sind schwer geschädigt. Wasser und Frost lassen Fassadenteile abplatzen. Die Sitzstufen auf der Tribüne müssen alle abgenommen und der Bau darunter abgedichtet werden. Der städtische Bau-Experte Robert Minge rechnet damit, dass 80 Prozent der Stufen und 60 Prozent der Fassadenplatten ersetzt werden müssen. Die Dächer der 34 Türme müssen komplett erneuert werden. Auf der Zeppelintribüne müssen die Treppenhäuser, aus denen jetzt der Schutt der 1968 gesprengten Säulen geräumt wurde, mit einem Dach vor Feuchtigkeit geschützt werden.
Für die Sofortmaßnahmen rechnet Baureferent Wolfgang Baumann mit 650.000 Euro. Diese Summe sei nötig, sonst wäre in den nächsten Jahren das Norisring-Rennen gefährdet. Die Generalinstandsetzung des Reichsparteitagsgeländes werde dann zehn bis zwölf Jahren dauern.
Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) möchte den Goldenen Saal im Inneren der Zeppelintribüne zudem als Museum nutzen und so dessen Mythos brechen: „Das war vor allem ein Funktionsgebäude. Das wichtigste waren die Toiletten dort!“ Zudem plant sie regelmäßige Ausstellungen mit internationalen Künstlern, die sich mit der Geschichte des Areals auseinandersetzen. mir