"Hindere ihn daran, Rechtsanwalt zu werden": Deshalb darf ein Rechtsextremer am Landgericht Passau arbeiten
Da ist der bayerischen Justiz wohl etwas "durchgerutscht": Am Landgericht Passau darf ein Jurist Rechtsreferendar werden, der eine beachtliche rechtsextreme Karriere hinter sich hat.
Das wenigstens behauptet der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bayerischen Landtag Toni Schuberl. Offenbar habe die Passauer Justiz bei der Einstellung nicht richtig oder gar nicht hingesehen.
Rechtsreferendar in Passau ist Netzwerker der äußeren Rechten gewesen
Der betroffene N. habe den Recherchen der Grünen zufolge in den vergangenen Jahren nach Kräften ins rechtsextreme Horn geblasen, sei Mitglied anerkannt einschlägiger Burschenschaften, Aktivist der Identitären Bewegung und überhaupt eifriger Netzwerker im Bereich der äußeren Rechten gewesen.
Vor dem Referendariat hat N. aber offenbar eine Aktivitäts-Pause eingelegt. Mit Hinweis auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen äußert sich Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) nicht zum Fall. Es gibt jedoch Präzedenzfälle.
Kein Anspruch auf Anstellung: Präzedenzfall in Bamberg
So bestätigte das Bundesverwaltungsgericht 2024 die Ablehnung eines Rechtsextremisten, der im Bereich des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg sein Rechtsreferendariat antreten wollte. Wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfe, hat laut OLG Koblenz keinen Anspruch auf Anstellung als Rechtsreferendar. In diesem Falle hatte sich der Bewerber abfällig über schwarze Menschen geäußert, war Funktionär in rechtsextremistischen Organisationen.
Eine Mitgliedschaft in einer extremistischen oder extremistisch beeinflussten Organisation alleine ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "grundsätzlich nicht ausreichend", erklärte das bayerische Justizministerium auf Anfrage.
Auch die Entlassung sei "nur in besonderen Ausnahmefällen möglich, etwa wenn der Referendar aktiv versucht, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen." Bei einer Verletzung der Pflichten nach dem Beamtenrecht komme "die Einleitung eines Disziplinarverfahrens in Betracht."
OLG: "Hindere ihn auch daran, den Beruf des Rechtsanwalts zu ergreifen"
Wer Volljurist werden will, muss das Rechtsreferendariat durchlaufen, das mit Verbeamtung auf Zeit verbunden ist. Die Verweigerung der Einstellung durch den Staat kann daher als Berufsverbot betrachtet werden.
Zumal der Betreffende nicht unbedingt ein Amt als Richter oder Staatsanwalt anstreben muss, sondern beispielsweise Rechtsanwalt oder Justiziar in einem Unternehmen werden will.

Der Sprecher des OLG München, Laurent Lafleur, sagt dem BR: "Wenn ich also jemandem von vornherein verbiete, den Vorbereitungsdienst anzutreten, dann halte ich ihn einerseits von staatlichen Ämtern fern, hindere ihn aber zugleich auch daran, beispielsweise den Beruf des Rechtsanwalts zu ergreifen."
Grüne: Parallelen zum Fall der Linksaktivistin Lisa Poettinger
Der Linksaktivistin Lisa Poettinger hat das bayerische Kultusministerium die Aufnahme in das Referendariat für das Lehramt untersagt. Mit Unterstützung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft klagt die 28-Jährige gegen das "Berufsverbot". Ganz anders sei dieser Fall nicht gelagert, meint Schuberl.
Auch ausgebildete Lehrer müssen nicht in den Staatsdienst, sondern könnten auch bei privaten Trägern ihren Beruf ausüben. Schuberl kritisiert, es reiche nicht, Bewerbern eine Liste vorzulegen, wo sie die Organisationen, in denen sie tätig sind oder waren, ankreuzen sollen.
Die Grünen interessiert auch, ob nach einer AfD-Mitgliedschaft gefragt wird, nachdem die Partei bundesweit als "gesichert rechtsextrem" anerkannt ist.