Debatte um Taser-Einsatz nach Todesschüssen neu entbrannt

Der Einsatz von Tasern könnte nach Meinung von Experten zumindest in einigen Fällen den Schusswaffengebrauch von Polizisten ersetzen. Der Teufel steckt jedoch im Detail.
dpa |
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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält in bestimmten Fällen den Einsatz von Elektroschockern durch Polizisten für sinnvoll. (Archivbild)
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält in bestimmten Fällen den Einsatz von Elektroschockern durch Polizisten für sinnvoll. (Archivbild) © Arne Dedert/dpa
München

Die tödlichen Schüsse von Polizisten auf eine mutmaßliche Messerstecherin in München haben zu einer neuen Debatte über Polizeitaktik und den Einsatz von Elektroschockern bei der bayerischen Polizei geführt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft befürwortet den Einsatz der Geräte, auch für Streifenwagenbesatzungen, die in der Regel nur mit zwei Polizisten besetzt sind. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält einen Einsatz bisher nur in Viererteams mit spezieller Schutzausstattung für sinnvoll. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Taser bei der Bundespolizei ganz neu einführen. Ab Mittwoch wollen in Bremen auch die Innenminister von Bund und Ländern bei ihrer Konferenz informell über das Thema sprechen.

230 Taser im in Bayern im Einsatz

Die Polizei in Bayern verfüge derzeit über 230 solcher Geräte, sagte Herrmann. Sie würden ausschließlich in Viererteams eingesetzt, um gegebenenfalls Alternativen zum Einsatz eines Tasers zu haben. Ausgestattet seien die Einheiten der Spezialeinsatzkommandos, der Unterstützungskommandos sowie alle geschlossenen Einsatzeinheiten. Es sei von einer Fach-Arbeitsgruppe im Ministerium ein Evaluierungsbericht erarbeitet worden, der derzeit fachlich geprüft werde.

Herrmann stellte klar, dass der Taser nicht gänzlich den Schusswaffeneinsatz ersetzen könne. "In hoch brenzligen und lebensgefährlichen Situationen könnte der Taser keine Wirkung haben, beispielsweise wenn die Elektroden die Kleidung des Angreifers nicht durchdringen können", sagte der Minister. Dazu komme, dass Täter etwa ein Messer nicht zwingend fallen ließen, weil durch den Tasereinsatz eine Muskelverkrampfung einsetze. "Ohne die besondere Schutzausstattung von Spezialeinheiten wäre es nicht möglich, den Täter zu entwaffnen", sagte Herrmann. 

Kein Allheilmittel

Der Innenexperte der Grünen im bayerischen Landtag, Florian Siekmann, warnte ebenfalls vor einer zu großen Hoffnung in Sachen Elektroschocker, im Fachjargon DEIG genannt ("Distanz-Elektroimpulsgerät"). Der Einsatz von Tasern sei kein Allheilmittel. Die Geräte seien etwa unwirksam, wenn die Zielperson dicke Winterkleidung trage. Es sei auch fraglich, ob Streifenpolizisten nicht überfordert wären, da auch eine zusätzliche Ausbildung mit den Geräten notwendig sei. 

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) schlägt vor, jeden Streifenwagen mit einem solchen Gerät auszustatten, so dass einer der Beamten im Fall der Fälle damit vorgehen könne. Der andere stehe weiterhin mit der Schusswaffe bereit, falls der Taser nicht die gewünschte Wirkung zeige oder aufgrund der konkreten Konstellation nicht angewendet werden könne.

"In einer Situation, in der sich ein Zeitfenster ergibt und die Beamten bis auf sieben, acht Meter ans Geschehen herankommen, könnten sich Möglichkeiten ergeben", sagte Köhnlein. In solchen Situationen könnten die Taser den Einsatz von Schusswaffen unter Umständen ersetzen. Er sprach von einem Fenster, das zwischen dem Einsatz von Schlagstöcken und dem von Schusswaffen entstehe. Die Entwaffnung von Messerangreifern sei in der Regel mit dem Einsatz von Schlagstöcken nicht möglich. 

Keine Erkenntnisse zu konkretem Fall

Zu den Ermittlungen im konkreten Fall der Schüsse an der Münchner Theresienwiese wurde am Dienstag nichts bekannt. Das Landeskriminalamt ermittelt bei Schüssen aus Dienstwaffen routinemäßig gegen die Beamten. Wie viele Schüsse aus wie vielen Waffen abgegeben wurden und wie viele die 30 Jahre alte Angreiferin trafen, war zunächst nicht bekannt. Die Frau war kurz zuvor aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden und an der Theresenwiese - alljährlich im Herbst Schauplatz des Oktoberfestes - auf einen 56 Jahre alten Mann und eine 25 Jahre alte Frau losgegangen. Beide erlitten leichte Verletzungen.

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