Gibt es bald eine Seilbahn für Passau?
PASSAU Das einmalige Ensemble der bedeutenden Barockstadt, das Zusammenspiel der Flüsse, der Natur und der historischen Altstadt, ist in Gefahr: Passaus Oberbürgermeister empfiehlt seinen Stadträten, eine Seilbahn von der Altstadt zur Veste Oberhaus „grundsätzlich” zu genehmigen. Ein entsprechender Beschluss stand gestern zur Abstimmung – und viele Passauer schütteln den Kopf: Elf von dreizehn befragten Fachstellen, von der obersten Denkmalbehörde in München über den unabhängigen Gestaltungsbeirat bis zur Stadtheimatpflegerin – alle raten von diesem Projekt dringend ab.
„Passau setzt damit seine Chancen für das Unesco-Kulturerbe aufs Spiel”, warnt Kulturamtsleiter Max Brunner. Er arbeitet aktuell an den Bewerbungsunterlagen. Die kritischste Stimme kommt aus München: Eine Studie aus dem Jahr 2003, die laut Landeskonservator Egon Greipl unverändert seine Gültigkeit hat, lehnt das Projekt als „nicht vertretbar” ab: Die Seilbahn würde das Stadtbild, die unter Naturschutz stehende Landschaft und den Blick auf die Baudenkmäler in „gravierender Weise” beschädigen.
Für die geplante Seilbahn müsste unter anderem eine 25 Meter breite Schneise in den bewaldeten Burgberg geschlagen werden, ein Altstadthaus an der Donau für die Talstation geopfert werden.
Die Mehrheit der Stadträte, darunter CSU, SPD und ÖDP, wollte gestern der Planung mit einem Beschluss Tür und Tor öffnen. Die Verwaltung soll beauftragt werden, „die Konkretisierung des Vorhabens durch den Investor hin zu einer genehmigungsfähigen Planung zu begleiten und zu unterstützen”.
Warum die Rathausspitze alle Bedenken in den Wind schlägt? Eine mögliche Erklärung findet sich in der Person des Investors der Seilbahn. Es handelt sich um den einflussreichen Passauer Verleger Axel Diekmann („Passauer Neue Presse”). Er hält auf dem Oberhausberg in Erbbaurecht von der Stadt eine Gastroimmobilie, die seit Jahren zur Ruine verfallen ist. Mit der Seilbahn sieht er offenbar bessere Verwertungschancen.
„Ein Speichellecken gegenüber dem Verleger Diekmann”, nennt Friedrich Brunner, der Vorsitzende des Forums Passau, unverblümt das „handstreichartige Vorgehen” der Rathausspitze und der Mehrheit der Stadträte. Sein Verein hat sich die Erhaltung der Landschaft und des Stadtbildes zur Aufgabe gemacht, nachdem es in den 70er Jahren durch Betonbauten (Donaubrücke, Hochwasserschutz) zu massiven Eingriffen gekommen war.
Einsamer Kämpfer gegen das Projekt ist der 73-jährige Fraktionsführer der Freien Wähler, Alois Feuerer, der sich als Einziger mit einem Antrag gegen den Beschluss stemmt. Er empört sich über das „Hauruck-Verfahren” und nennt es einen „traurigen und beschämenden Schildbürgerstreich”: „Ganz Deutschland wird über uns lachen, wenn der Baumfälldienst zur Rodung der Seilbahnschneise und die Monteure zur Montage der Seile anrücken werden". H. Denk
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