Gau für Münchner: Wird der Bahnhofshalt direkt am Starnberger See bald gestrichen?

Könnte der Bahnhof am See in Starnberg aufgelöst werden? Der Stadtrat lässt diese Idee prüfen. Was in Starnberg diskutiert wird.
von  Natascha Probst
Ein Zug fährt an der Starnberger Seepromenade entlang. Hält er hier möglicherweise künftig nicht mehr?
Ein Zug fährt an der Starnberger Seepromenade entlang. Hält er hier möglicherweise künftig nicht mehr? © Michael Nguyen/imago

Müssen Münchner, die den Starnberger See besuchen, vielleicht bald mit dem Bus anreisen oder die letzte Strecke des Weges zu Fuß zurücklegen? Möglich wäre es, denn der Stadtrat will ein Konzept, demzufolge der Halt direkt am Ufer gestrichen wird, mit Vertretern der Deutschen Bahn (DB) und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) verhandeln. Dann gäbe es nur noch den Halt in Starnberg Nord, der etwa 1,5 Kilometer vom See entfernt liegt.

Seit Jahrzehnten wird in Starnberg diskutiert, wie man den Bahnhof am See erneuern könnte. 2023 hatte sich die Stadt Starnberg mit der Deutschen Bahn auf einen barrierefreien Bahnhofsumbau geeinigt – das scheiterte an den Kosten von rund 180 Millionen Euro. Die Stadt trat von dem Vertrag zurück, blieb jedoch im Gespräch mit der Bahn. Nun drängt langsam die Zeit. Denn die Bahn will bis spätestens Ende des Jahres ihre Planungen zum Bahnhof See abschließen und diese 2026 umsetzen.

Eine Möglichkeit, die gerade im Stadtrat diskutiert wird, ist die Variante 7e. Sie sieht den Umbau und die Modernisierung der Gleisanlagen am See vor, sowie den barrierefreien Ausbau der Bahnstation. Zudem soll ein Abstell- und Wendegleis am Oberfeld im Süden der Stadt entstehen.

Vorschlag ist "völliger Unsinn"

Nun kam noch eine neue Version hinzu: die Variante 0, entworfen vom Architekten Marco Goetz vom Seeanbindungsbeirat der Stadt Starnberg. Diese sieht die Schließung des Bahnhofs am See vor.

S-Bahn- und Regionalzüge würden dann nur noch am Bahnhof Nord halten. Per Beschluss des Stadtrates soll diese Variante mit Bahnvertretern verhandelt werden, heißt es auf Anfrage bei der Stadt Starnberg. Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) selbst wollte sich auf Nachfrage der AZ nicht äußern.

Der Vorschlag sei „völliger Unsinn“, sagt Stadtrat Franz Sengl (Grüne). Natürlich würden alle Möglichkeiten durchdacht und es kämen auch immer wieder neue Ideen dazu. Das sei auch sinnvoll. Goetz habe das Konzept vorgestellt und der Stadtrat habe den Vorschlag der BEG weitergeleitet, weil „das ja nichts kostet“. Dass aber der Bahnhof am See geschlossen werde, sei zu keinem Zeitpunkt ernsthaft denkbar gewesen. Auch, weil dies letztendlich nicht Entscheidung der Stadt sei: Der Grund gehört der Bahn und diese entscheidet über die Schließung des Bahnhofs.

Bahn will Haltestelle weiter betreiben

Und die hat eine klare Haltung zu dem Thema: „Die BEG hat weiterhin großes Interesse am Erhalt der Bahnstation Starnberg See“, teilt Geschäftsführer Thomas Prechtl auf Nachfrage der AZ mit. Sie sei sowohl aus Sicht der Fahrgäste als auch betrieblich sehr sinnvoll und besitze eine hohe Nachfrage und Akzeptanz. Nach Angaben der BEG steigen hier täglich 7000 Menschen ein und aus.

„Das ist eine Menge, die man nicht so einfach wegverlagern kann“, sagt Norbert Moy, Sprecher von Pro Bahn Bayern. Der Nordbahnhof sei dafür nicht ausgelegt. „Für die Mehrheit der Fahrgäste hat der Seebahnhof eine ideale Lage mit kurzen Wegen.“ Pro Bahn fordere deshalb den Stadtrat auf, „diesen unsinnigen Beschluss“ zurückzunehmen. Dass das Vorhaben tatsächlich umgesetzt werde, hält Moy aber für nicht sehr wahrscheinlich, auch weil Bahn und Aufgabenträger „hier nicht mitmachen werden“. Die Befugnisse der Stadt seien nicht unbegrenzt.

 „Der Regionalzughalt bleibt am See“ 

Sollte es doch geschehen, kämen auf die Fahrgäste sowohl aus Starnberg wie auch von auswärts längere Wege von und zum Bahnhof und damit längere Reisezeiten zu. Viele würden dann auf den eigenen Pkw umsteigen und die Stadt damit belasten, meint Moy. Zusätzliche Umstiege auf Busse würden die Bahnkunden abschrecken. Und selbst durchfahrende Fahrgäste hätten kaum etwas davon, wenn die Haltestelle wegfalle, weil die Züge auch so nur mit 60 Stundenkilometern durch den See-Bahnhof fahren dürften. Die Fahrzeit würde also nur minimal verkürzt.

Was Moy dem Starnberger Stadtrat empfehlen würde? „Der Regionalzughalt bleibt am See.“ Mehr bräuchten die Fahrgäste eigentlich nicht.

Ist dieser Halt bald ausgebremst? Bis Ende 2025 muss der Starnberger Stadtrat eine Entscheidung treffen.
Ist dieser Halt bald ausgebremst? Bis Ende 2025 muss der Starnberger Stadtrat eine Entscheidung treffen. © Michael Nguyen/imago

Anders sieht das die Stadtratsfraktion von Bündnis Starnberg Mitte (BMS). Sie unterstützt die Bestrebungen zum Ausbau der bestehenden barrierefreien Haltestelle am Bahnhof Nord für einen gemeinsamen S-Bahn- und Regionalzughalt und damit den Wegfall des Haltes am Bahnhof See.

 Ein für alle gefährliches Kuddelmuddel

Derzeit seien die verkehrlichen wie städtebaulichen Verhältnisse am Bahnhof See absolut desolat, sagt Eva Pfister, BMS-Fraktionsvorsitzende, der AZ. Der Bahnhofsbereich am See sei verkehrlich heillos überlastet. „Es ist ein einziges und für Fußgänger und Radfahrer absolut gefährliches Kuddelmuddel aus einer Vielzahl fahrender und parkender Busse, Taxis, Pkw.“ Schöne Plätze am See mit Aufenthaltsqualität gebe es nicht.

Über Jahre sei es weder der Stadt, noch dem Freistaat, dem Bund oder der Bahn gelungen, die notwendigen über 200 Millionen Euro für dieses Großprojekt aufzubringen. Daran werde sich auch kurz- und mittelfristig sicher nichts ändern.

Goetz’ Pläne bezeichnet Pfister als „ziemlich bahnbrechend“. Sie seien es wert, intensiv weiterverfolgt zu werden. Denn es sehe nur auf den ersten Blick so aus, als sei das Konzept nachteilig für Starnberger und Münchner.

"Die Münchner würden es lieben"

Der Bahnhof Nord sei ein Mobilitätsknoten, der attraktiv und nachhaltig ausgebaut werden könne, weil dort Platz sei. In unmittelbarer Nähe zu diesem Gebiet und in kurzer fußläufiger Entfernung zum Bahnhof Nord (nicht weiter als zwischen Marienplatz und Stachus) könnte der Dampfersteg zur Werft in Starnberg am Bürgerpark verlegt werden. Dort würde dann für alle Bürger und Touristen ein äußerst attraktiver Platz direkt am See entstehen.

Am jetzigen Bahnhof am See hätte man dann „die Chance eine Seepromenade, die ihren Namen verdient, zu schaffen“. Dies gelte auch für den stadtseitigen Bereich und für die Weiterentwicklung des bisherigen Bahnhofsgebäudes, das bestens geeignet für eine Umwandlung in einen lebendigen Ort mit Kultur und Gastro sei. „Wir denken, die Münchner’ würden es lieben“, meint Pfister.

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