Flugkörper und Wimpern

NÜRNBERG - In bestehende Kunst- Ereignisse mischt sich zwischen Erlangen und Schwabach die erste Vernissagen-Welle 2010 – ein AZ-Wegweiser
Die großen Namen haben die Jahreswende überlebt: Gerhard Richter, Daniel Buren, Juergen Teller und Werner Knaupp bilden weiterhin die Attraktions-Eckpfeiler im fränkischen Ausstellungsbetrieb, der in diesen Tagen – nur die Städtische Galerie Erlangen hat Umbaupause bis zur Rückkehr ins sanierte Palais Stutterheim – zur ersten Vernissagen-Welle 2010 ansetzt. Und dabei einen „Höhepunkt“ fest im Blick hat. Nach Ansicht des Berufsverbandes Bildender Künstler, der zunächst auf Kollisionskurs mit dem neuen Ausstellungskonzept des KunstKulturQuartiers fürs Kunsthaus war und nun – nach der sang- und klanglosen Auflösung der bisherigen Kunsthaus-Gemeinschaft – auf die von Intendant Matthias Strobel gewünschte Linie überschwenkt. Mit einer „Premiere“. Unter dem Titel „Teile des Ganzen“ werden 67 Künstler aller Sparten zur ersten „Großen Kunstausstellung Nürnberg“ vereint, in der „Bewegungen, Veränderungen und Wertsuche der Gegenwart“ zu finden sein sollen (ab 21.1.).
Die Kunsthalle nebenan im KuKuQ-Konstrukt kann noch bis 14. Februar auf die Strahlkraft des Bubenreuther Hochglanz-Verweigerers Juergen Teller (der mit dem Londoner Fotografen-Weltruhm) setzen. Im Neuen Museum sind neben dem Saal mit acht Leihgaben von Teuer-Maler Gerhard Richter auch noch noch die streifenbunten Kommentare des einstigen Kunstbetrieb-Verweigerers Daniel Buren zur Architektur des Volker Staab zu sehen (bis 14.2.). Das Germanische Nationalmuseum breitet unter dem Titel „Plakativ!“ seinen attraktiv aufbereiteten Depot-Schatz einer Nürnberger Werbeplakat-Sammlung aus, wo alles so sauber wie gekocht sein darf. Daneben locken „Wunderbare Bücherwelten“ aus 100 Jahren Hamburger Druckkunst (beide bis 11.4.). „Was ist deutsch?“ war im Nürnberger WM-Jahr 2006 ein Publikumsmagnet fürs Germanische. Eine Variante dieser Ausstellungsidee ist die Wanderschau „Deutschland für Anfänger“, die sich alphabetisch in 26 Stationen von Emma bis Oktoberfest, von Gartenzwerg bis Wald durch nationale Mythen buchstabiert (Museum Industriekultur, bis 7.2.).
Nürnberger Nostalgie bereitet das Stadtmuseum Femobhaus mit „Nürnberg baut auf! Straßen. Plätze. Bauten“ auf. Das Stadtarchiv ergänzt die Doppelschau mit „Weichen für den Wiederaufbau“ der kriegszerstörten Stadt. Anlass sind der Wiederaufbaubeschluss vor 60 Jahren. Die Ergebnisse der „ersten Halbzeit“ werden dokumentiert durch Modelle, Schaubilder, Pläne, Fotografien und Filmausschnitte. Erdbewegendes zwischen Hauptmarkt und Plärrer-Hochhaus (ab 29.1.).
Stadtgrenzüberschreitendes Arbeiten in Fürth und Erlangen: Die Städtische Galerie von Hans-Peter Miksch und das Neue Kunstmuseum im Erlanger Loewenichschen Palais breiten ab Freitag (19 Uhr) – doppelt gespiegelt, hält besser – die faszinierenden Spiegelbilder des Jürgen Durner, einem Maler, der von Fürth nach Berlin ging und dort sein nächtliches Großstadtleuchten in reflektierenden Glasfenstern vorangetrieben hat. Auch sonst präsentiert sich reichlich Szene: Werner Knaupp, der sein farbiges Zwischenhoch zwischen Vulkan und Wüste hinter sich hat, lässt den Zuschauer noch bis 31. Januar in der Villa Concordia in Bamberg in die pechschwarzen Wasserbilder der Westmänner Inseln springen. Günter Dollhopf, Knaupps Ex-Professorenkollege von der Kunstakademie, blendet im Amberger Luftmuseum mit „Flug Körper“ in die popartige Frühphase seiner Karriere zurück (ab 30.1.).
Der Schlagschatten der Akademie wird überall sichtbar. Nicht nur in der aktuellen „Tafelguck“-Ausstellung der Goldschmiede am Schmausenbuck (siehe AZ von gestern). In der Schwabacher Bürgerhaus-Galerie senden ehemalige Studenten der Klasse Eva von Platen (Eröffnung: Freitag, 19 Uhr) Freundschaftssignale aus, ab 20. Januar (19 Uhr) ergänzen in der Nürnberger Akademie-Galerie unter dem Slogan „Ex“ Bettina Graber, Linda Männel und Birgit Randrau. Im Galeriehaus Nord versammelt das Trio Annette Blocher, Peter Engl und Helmut Kirsch ab 22.1. Zeichnungen, Objekte und Videos. Die Kreis-Galerie präsentiert pastose Malerei von Christian Hiegle, das Bernsteinzimmer (ab Sonntag, 17 Uhr) „Ereignisbühnen“ des grenzgängerischen Foto-Manipulators Georg Hornung.
Aufgefädelte Wimpern, „Bühnen-Schönheiten“ und Zeichnungen vereinigt der Fürther Spieltriebtäter Andreas Oehlert unter dem Müßiggang-Appell „Verschieben wir es auf Morgen“ ab 23. Januar (19 Uhr) in der Galerie Oechsner. Dort im Galeriehaus Defet in Nürnbergs Westen trifft man auch (ab 21.1., 19 Uhr) auf die Nachhut einer Hauptmarkt-Aktion. Papiertheatermacher Johannes Volkmann zeigt Eindrücke seiner Umfrage „Was ist unbezahlbar?“. Zur Eröffnung spricht Götz Werner, der unkonventionelle Gründer der Drogeriemarktkette dm. Andreas Radlmaier