Er pflegt den Vorgarten von Club-Torwart Schäfer

Greenkeeper Thomas Müller hegt den Rasen im easyCredit-Stadion. Allein das Stutzen auf 25 Millimeter dauert bis zu vier Stunden
von  Abendzeitung
Auch wenn der Rasen im Stadion komplett neu verlegt wird, ist Greenkeeper Thomas Müller (ganz links) dabei.
Auch wenn der Rasen im Stadion komplett neu verlegt wird, ist Greenkeeper Thomas Müller (ganz links) dabei. © bayernpress.com

Greenkeeper Thomas Müller hegt den Rasen im easyCredit-Stadion. Allein das Stutzen auf 25 Millimeter dauert bis zu vier Stunden

NÜRNBERG Wenn der Club am 15.Januar mit dem ersten Heimspiel gegen Gladbach die Rückrunde startet, stürmt lange vor den FCN-Profis Grünpfleger Thomas Müller auf den Rasen im easyCredit-Stadion: zum Mähen, Schnüre spannen, Linien ziehen.

„Ist samstags um 15.30 Anpfiff, legen wir ab 6 Uhr los“, erzählt Müller. Alleine das Stutzen der 109,9 x 72 Meter großen Grasfläche dauert drei bis vier Stunden. „Wir mähen in Fünf Meter-Abständen abwechselnd von links und rechts.“ Die entgegengesetzte Mäh-Richtung verwandelt das Spielfeld in das Hell-Dunkel-Streifenmuster – wie FIFA und DFL vorgeben. Auch bei der Halm-Höhe ist der Spielraum stark begrenzt: Auf 25 bis 27 Millimeter kürzen Müllers Mitarbeiter das Gras bei Bundesliga-Partien – inzwischen seit mehr als fünf Jahren.

Angefangen hat Müllers Team mit der Spielfeld-Absenkung beim Stadion-Umbau für die WM 2006: Für bessere Sicht der Zuschauer sollten die Spieler rund 1,50 Meter tiefer sprinten, so die Vorgabe der FIFA. Müllers Gartenbau-Firma führte die Tieferlegung und den Komplett-Austausch des Rasens aus – und blieb am Ball: „Wir sind seitdem für die Pflege aller Grünflächen innerhalb der Stadion-Zäune, einschließlich Spielfeld und Parkplätzen, zuständig“, sagt der ausgebildete Landschaftsgärtner, der zugleich Bruder von Eishockey-Idol Martin Müller und Onkel des Hockey-Olympiasiegers Max Müller ist.

„Stellen, an denen gegrätscht wird sind besonders belastet“

Eine komplett neue Grünauflage für das Fußballfeld gab’s in den letzten sechs Jahren nur drei Mal, so Müller: 2004 beim Stadion-Umbau, 2006 vor der WM und 2009 nach dem Ende der Zweitliga-Saison: Beim Club-Wiederaufstieg herrschte Ausnahmezustand, hunderte Fans rissen vor Freude ganze Spielfeld-Stücke heraus. „Danach war der Rasen nicht mehr zu gebrauchen.“

Stolze 120 000 bis 140 000 Euro kostet ein Komplett-Austausch. „Im Vergleich zu anderen Stadien, die drei bis vier Mal je Saison den Rasen austauschen müssen, wirken hier Sonne und Wind gut aufs Gras ein“, so der Fachmann. Statt Grün-Generalsanierung genügt in Nürnberg meistens die Ausbesserung kleiner Flecken: etwa 200 bis 300 Stopfen schneiden und stechen Müllers Mitarbeiter nach einer Partie aus dem Rasen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: „Stellen, an denen gegrätscht wird, und der Strafraum sind besonders belastet“, weiß Müller. Meist tauschen die Landschaftspfleger Rechtecke in Din A4-Blatt-Größe oder kleinere Rundstücke aus. Nach intensivem Torjubel sind auch mal mehrere Meter nötig. Der Gras-Ersatz wächst hinter der Haupttribüne auf einer 300 Quadratmeter großen Rasen-Auswechselbank: „Wir mähen, düngen und gießen die Reservefläche genauso wie das Spielfeld.“

In der Sommerhitze verschlingt das Grün mehrmals pro Woche 160 Kubikmeter Wasser. Dafür wird Regen in einer 1000 Kubikmeter-Zisterne gesammelt. „Jetzt im Winter gießen wir gar nicht. Da wird geheizt“, so Müller. 28,4 Kilometer Heiz-Schlaufen schlängeln sich unter dem Spielfeld.

Nicht nur Fachwissen rund um diese Spezial-Heizung und Halmbedürfnisse brauchen die Stadion-Rasenpfleger, um am Ball zu bleiben, sondern vor allem Flexibilität und Motivation: „Nach dem Abpfiff ist noch lange nicht Schluss. Bei uns ist nicht Feierabend, wenn es die Uhr sagt, sondern wenn alle Arbeit getan ist“, erklärt Müller, der bei fast jeder Fußball-Partie in den letzten sechs Jahren hautnah dabei war. Sein Team erlebt unvergessliche WM-Stimmung und spannende Club-Thriller – und zwar direkt am Arbeitsplatz. S. Schaller

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