Entführungsopfer: PKK hat uns als Gäste behandelt

Die drei in der Türkei verschleppten Bergsteiger sind wieder bei ihren Familien. Trotz der Strapazen während der Entführung hat EX-Geisel Helmut H. nie um sein Leben gefürchtet. Die PKK habe die Deutschen "als Gäste" angesehen.
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Lars R. tritt mit Innenminister Joachim Herrmann vor die Presse.
AP Lars R. tritt mit Innenminister Joachim Herrmann vor die Presse.

Die drei in der Türkei verschleppten Bergsteiger sind wieder bei ihren Familien. Trotz der Strapazen während der Entführung hat EX-Geisel Helmut H. nie um sein Leben gefürchtet. Die PKK habe die Deutschen "als Gäste" angesehen.

MÜNCHEN „Wir sind unheimlich froh, dass wir heil und gesund wieder da sind“, sagte Lars R., einer der drei entführten Bergsteiger nach der Landung am Münchner Flughafen. Freunde und Verwandte hatten den Ingenieur und seine beiden Kameraden bereits sehnsüchtig erwartet. Innenminister Joachim Herrmann dankte noch einmal allen, die bei der unblutigen Beendigung des Geiseldramas geholfen haben.

Der nach fast zweiwöchiger Entführung von der kurdischen PKK freigelassene Bergsteiger Helmut H. hatte nach eigenen Angaben während der Geiselhaft nie um sein Leben gefürchtet.

„Wir haben auf die Aussage der PKK vertraut, dass sie uns als Gäste ansehen“, sagte der 65-Jährige nach der Rückkehr aus der Türkei der „Mittelbayerischen Zeitung“. Es gehe ihm zwar gut, aber er wolle nun vor allem Ruhe haben, betonte der Vorsitzende des Kelheimer Alpenvereins, der die Reise an den Berg Ararat in der Osttürkei ausgearbeitet und geleitet hatte.

Am Montag um 17.27 Uhr hatte der Lufthansa-Airbus A 321-200 „Neustadt an der Weinstraße“ auf der Landebahn des Münchner Flughafens aufgesetzt. Auf dem Vorfeld stand bereits ein Bus, in dem die Angehörigen von Lars R. (33), Helmut H. (65) und Martin Sch. (47) warteten. Streng abgeschirmt von neugierigen Blicken konnten die drei freigelassenen Bergsteiger unter Tränen ihre Familien in die Arme schließen.

Blass und erschöpft stellte sich Lars R. knapp eine Stunde später an der Seite von Innenminister Joachim Herrman den wartenden Journalisten. „Die Geiselnehmer haben uns relativ gut behandelt“, berichtete der 33-jährige Ingenieur. Fünf bewaffnete PKK-Angehörige hatten die Expedition aus 13 Männern und Frauen am 8. Juli in einem Basiscamp am Berg Ararat auf 3200 Metern Höhe überfallen und drei von ihnen verschleppt. „Es war eine schwierige Zeit und wir brauchen ein paar Tage Ruhe, um das Erlebte psychisch zu verarbeiten“, betonte Lars R.

Zwölf Tage befanden sich die Bergsteiger in der Gewalt ihrer Entführer. Auf der Flucht vor dem türkischen Militär wechselten die PKK-Kämpfer mit ihnen immer wieder die Schlupfwinkel. Ausdrücklich bedankte sich Lars R. auch im Namen seiner Kameraden für die Rettung. „Unsere größte Sorge war es, in Gefechte verwickelt zu werden“, erzählt er. Armee und schwer bewaffnete Spezialeinheiten hatten tagelang das Gebiet rund um den Ararat durchkämmt.

Freigelassen wurden die drei Bayern schließlich am Sonntag in der unübersichtlichen Bergregion in 2200 Metern Höhe. Unklar ist allerdings noch immer, unter welchen Umständen die Geiseln frei kamen. Türkische Medien bezeichneten es als Erfolg des Militärs. Soldaten hätten die PKK-Kämpfer in die Enge getrieben. Kurdische Medien berichteten dagegen, die PKK habe die Geiseln einfach laufen lassen.

Video: Die Ex-Geiseln landen in München

Innenminister Joachim Herrmann lobte die Zusammenarbeit deutscher und türkischer Behörden. Der Krisenstab im Berliner Außenministerium habe „ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet“, betonte der CSU-Minister. Auch der Bundesnachrichtendienst war eingeschaltet. Wie aus Sicherheitskreisen zu erfahren war, soll er zwischen PKK und türkischer Regierung vermittelt haben. Unklar ist weiterhin, ob Lösegeld für die Freilassung der Geiseln von deutscher Seite gezahlt wurde.

Noch am gestrigen Abend kehrten die drei Bergsteiger in ihre Heimatgemeinden zurück. „Wir freuen uns wahnsinnig, dass alles gut gegangen ist“, betonte Uwe Brandl, Bürgermeister von Abensberg, dem Heimatort von Helmut H.. Die Stadt Laufen an der Salzach, in der Lars R. lebt, plant für die kommenden Tage einen Empfang. In Gerolfing bei Ingolstadt, wo Manfred Sch. wohnt, hält man sich dagegen zurück. Die Geiseln sollen sich erst erholen, heißt es im Ort.

Minister Joachim Herrmann mahnte, der Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden dürfe nicht nach Deutschland übertragen werden. „Den gewalttätigen Kampf können wir natürlich auf keinen Fall in unserem Land akzeptieren." In der Bundesrepublik leben rund eine halbe Million Kurden.

Ralph Hub / dpa

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