Das Nazi-Gelände soll Weltkulturerbe werden

Stadt der Menschenrechte: Nürnberg will mit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit den imageträchtigen Titel holen – in der Hoffnung auf mehr Touristen und Fördergelder für die Sanierung
von  Abendzeitung
Auch das Dokumentations-Zentrum gehört zum Bewerbungs-Paket, mit dem Nürnberg sein Geschichtsbewusstsein zeigt.
Auch das Dokumentations-Zentrum gehört zum Bewerbungs-Paket, mit dem Nürnberg sein Geschichtsbewusstsein zeigt. © Stadt Nbg

Stadt der Menschenrechte: Nürnberg will mit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit den imageträchtigen Titel holen – in der Hoffnung auf mehr Touristen und Fördergelder für die Sanierung

NÜRNBERG Utz Ulrich freut sich, dass der bisherige SPD-Fraktions-Chef Gebhard Schönfelder „beim Aufräumen seines Schreibtisches meinen alten Antrag gefunden hat“. Vor Monaten hat der Liberale gefordert, Nürnberg solle sich mit dem Reichsparteitagsgelände um den Titel Weltkulturerbe bewerben. Jetzt hat die SPD Nägel mit Köpfen gemacht – der Kulturausschuss beschloss die Bewerbung.

Nürnberg möchte als „Stadt der Menschenrechte – Geburtsstätte des Völkerstrafrechts“ punkten. Denn neben Hitlers Erbe gehören auch das Doku-Zentrum, die Straße der Menschenrechte, das „Memorial Saal 600“, das an die Nürnberger Prozesse erinnert, und der Menschenrechtspreis zum Bewerbungs-Paket bei der UNESCO. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen vergibt den imageträchtigen Welterbe-Titel. In der Region sind das die Würzburger Residenz, die Altstädte von Regensburg und Bamberg und der Limes. Aber auch geschichtsträchtige Orte wie das Atombomben-Mahnmal in Hiroschima oder das KZ Auschwitz gehören zu Welterbe.

„Wir haben mit dem Reichsparteitagsgelände und der Aufarbeitung unserer Nazi-Geschichte ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist eine Chance, die wir nutzen sollten“, so SPD-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Bach. Zum einen, um den Tourismus voranzubringen. Aber auch ein anderer Aspekt ist wichtig: Die Nazi-Bauten am Reichsparteitagsgelände sind nicht für 1000 Jahre gebaut. Sie bröckeln und müssen in den nächsten Jahren dringend saniert werden. Auf 70 Millionen Euro sind die Kosten dafür veranschlagt. Geld, das die Stadt Nürnberg nicht hat. Deshalb sieht sie Bund und Land gefordert. Mit einem Welterbe-Siegel, so die Hoffnung, könnten Fördergelder leichter fließen.

Im bayerischen Kunstministerium verfolgt man die Debatte in Nürnberg mit Spannung. Und wartet ab. „Die derzeitige Vorschlagsliste für das Welterbe ist geschlossen. Sie wird abgearbeitet“, so Ministeriumssprecherin Susanne Raab. Eine neue Liste werde erst 2017/18 erstellt. Die Zeit bis dahin sollte genügen, um eine stichhaltige Bewerbung zu erarbeiten.

Michael Reiner

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