Berufungsprozess: Krankem Flüchtlingskind Hilfe verweigert

Der Fall hatte viele Menschen erschüttert: Weil ein erkranktes Flüchtlingskind nicht rasch genug medizinisch versorgt wurde, wäre es um ein Haar gestorben. In einem Berufungsverfahren beschäftigt sich jetzt die Justiz erneut mit dem Fall.
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Die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf.
dpa Die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf.

Nürnberg - Sie sollen einem erkrankten Flüchtlingskind rasche Hilfe verweigert haben, dafür wurden im Vorjahr drei Mitarbeiter des Zirndorfer Aufnahmelagers zu Geldstrafen verurteilt - an diesem Montag (27. April) beschäftigt der Fall wieder die Justiz. In einem Berufungsverfahren will das Landgericht Nürnberg-Fürth den Vorfall vom Dezember 2011 erneut untersuchen. Das Gericht hat dafür zunächst zwei Prozesstage anberaumt.

Das Amtsgericht Fürth hatte im April 2014 in erster Instanz eine Mitarbeiterin der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf wegen unterlassener Hilfeleistung zu 60 Tagessätze à 40 Euro verurteilt. Zwei Pförtner mussten wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen 60 Tagessätze à 45 beziehungsweise 50 Euro zahlen. Ein Bereitschaftsarzt wurde freigesprochen.

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Das damals etwa ein Jahr alte Kind war im Dezember 2011 an einer massiven bakteriellen Infektion erkrankt. Die Pförtner hatten trotz eindringlicher Bitte der Eltern keinen Arzt oder Rettungswagen gerufen. Stattdessen forderten sie den Vater auf, sich zuerst einen Krankenschein zu besorgen. Auch die Angestellte habe keinen Arzt gerufen, sondern die Familie zu einem Mediziner geschickt - zu Fuß.

Schließlich stellte sich heraus, dass der Junge eine Meningokokken-Infektion hatte. Die Bakterien lösten bei ihm das sogenannte Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom aus. Dabei gerinnt das Blut und die Haut oder anderes Gewebe sterben ab. Zuerst bekam das Kind hohes Fieber, dann wurde es apathisch und bekam dunkelblaue Flecken auf der Haut. Es wurde in ein künstliches Koma versetzt, mehrfach operiert und musste eine Amputation und mehr als ein Dutzend Hauttransplantationen über sich ergehen lassen.

Nach Angaben eines Gutachters verläuft diese Erkrankung selbst bei Behandlung in 90 Prozent aller Fälle tödlich. Tückisch sei, dass die Symptome am Anfang sehr unspezifisch seien und die Krankheit daher oft spät erkannt wird. Daher habe der Arzt auch am Abend noch nicht unbedingt erkennen müssen, dass es so schlimm steht. Am nächsten Morgen allerdings sei das Bild ein anderes gewesen: Da hätte wegen der deutlich sichtbaren Flecken auf der Haut sofort ein Notarzt geholt werden müssen.

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