Bayerns neue Staatsregierung: Porträts von Markus Söders Ministern

München - Er hatte einen "großen Wurf" angekündigt, am Ende sprach ein Beobachter von einem "Gemetzel": Sieben Monate vor der Landtagswahl hat Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch sein erstes Kabinett vorgestellt – und gleich mehrere Minister aus der Regierung geworfen. "Das gesamte Kabinett wird jünger, und es wird weiblicher", sagte Söder bei der Vereidigung seiner Regierung.
In seinem ersten Kabinett sitzen fünf Ministerinnen und acht Minister mit am Tisch. Mit seinen 51 Jahren liegt der Franke bestens im Schnitt der Staatsregierung: Das Durchschnittsalter der Minister liegt bei rund 50,92 Jahren. Wir stellen Ihnen die Ministerriege in Kurzporträts vor.
Innenminister Joachim Herrmann
Bereits jetzt ist Joachim Herrmann (61) der dienstälteste Innenminister und galt als gesetzt. Wie Söder ist er Franke – das war’s dann auch mit den Gemeinsamkeiten. Söder gilt als laut, Herrmann als ruhig und besonnen – abgesehen von seiner "Roberto Blanco ist ein wunderbarer Neger"-Äußerung 2015. In der Schlammschlacht um die Seehofer-Nachfolge wurde Bayerns "Schwarzer Sheriff", der jetzt auch für Integration zuständig ist, gar als Söder-Herausforderer gehandelt.
Der in Erlangen aufgewachsene Vater von drei Kindern ist seit 1983 verheiratet mit der Juristin Gerswid Terheyden.
Joachim Herrmann (Innen, Integration; 61) Quelle: dpa
Verkehrsministerin Ilse Aigner
Ein Nockherberg ohne Ilse Aigner? Wäre doch langweilig! Ein Kabinett ohne sie? Auch! Jetzt hat ihr Erzrivale Söder ein eigenes "Super-Ressort" geschaffen: Aigner wird Ministerin für Bauen, Wohnen und Verkehr.
Denn bei aller Antipathie: Übergehen konnte Söder die 53-Jährige aus Bad Aibling aus parteitaktischen Gründen nicht – auch wenn die bekennende Single-Frau zu Horst Seehofers Lieblingen zählt. Denn Aigner ist Vorsitzende des mächtigen Bezirksverbandes Oberbayern. Politische Erfahrung hat sie allemal genug: Von 2008 bis 2013 war sie im Bund Landwirtschaftsministerin, anschließend Wirtschaftsministerin in Bayern. Wird sie jetzt zur Überfliegerin? Abheben kann sie auf jeden Fall, sie entwickelte früher als Elektrotechnikerin Systeme für Hubschrauber bei Eurocopter.
Ilse Aigner (Wohnen, Bau, Verkehr; 53) Quelle: dpa
Finanzminister Albert Füracker
Im Landtag heißt es oft, Albert Füracker (50) und Markus Söder seien wie zweieiige Zwillinge. Der bisherige Finanzstaatssekretär hat nicht nur einen engen Draht zum neuen Ministerpräsidenten – er gilt auch als dessen treuester Helfer und Unterstützer auf dem Weg zur Macht. Söder holte sich den 1,90-Meter-Hünen vor vier Jahren ins Finanz- und Heimatministerium.
Der Chef des CSU-Bezirks Oberpfalz zog erst 2008 in den Landtag ein, zuvor kümmerte sich der vierfache Vater (verheiratet mit Evelyne) als Vollerwerbslandwirt um den elterlichen Hof in einem 150-Seelen-Ort – obwohl er eigentlich Astronaut werden wollte.
Im Herbst hatte sich Schafkopf-Liebhaber Füracker im CSU-Machtkampf für einen "geordneten Übergang" in der Partei ausgesprochen – und damit Horst Seehofer öffentlich angezählt. oz
Albert Füracker (Finanzen, Heimat; 50) Quelle: dpa
Leiter der Staatskanzlei Florian Herrmann
Als Innenexperte genießt der Freisinger Florian Herrmann (46) großes Ansehen in der Landtagsfraktion. Seine Berufung in die Staatskanzlei ist dennoch eine Überraschung, denn der dortige Chefposten ist eine wichtige Schlüsselposition. Söders Wahl zeigt, dass er Herrmann hundertprozentig vertraut.
Mit dem Innenminister ist dieser – auch wenn der Nachname anderes vermuten lässt – weder verwandt, noch verschwägert. Herrmann ist vielmehr der Sohn des TU-Präsidenten Wolfgang Herrmann. Abseits des Politikalltags pflegt er ein nicht ganz alltägliches Hobby: Organist.
Florian Herrmann (Staatskanzlei; 46) Quelle: dpa
Wirtschaftsminister Franz-Josef Pschierer
Mit dem Schwaben Franz-Josef Pschierer hat wohl kaum jemand gerechnet – und schon gar nicht als Wirtschaftsminister. Denn das Verhältnis zwischen dem bisherigen Wirtschaftsstaatssekretär und Markus Söder galt nie als besonders gut.
Seinen Aufstieg dürfte der Allgäuer daher zwei Faktoren verdanken: Dem Lob von Ilse Aigner und der Tatsache, dass Söder der bislang einzigen Schwäbin mit Chefsessel, Beate Merk, den Laufpass gegeben hat.
Der 61-Jährige gilt als fleißiger Arbeiter, der sich aber auch gerne im Scheinwerferlicht sonnt. Der verheiratete Vater zweier Kinder ist Reserveoffizier und spielt in seiner Freizeit Posaune. rus
Franz-Josef Pschierer (Wirtschaft; 61) Quelle: dpa
Umweltminister Marcel Huber
Als der Bayern-Ei-Skandal 2014 publik wurde, war Marcel Huber Minister für Umwelt und Verbraucherschutz. "Das Ganze ist eine Verkettung tragischer und vielleicht sogar krimineller Umstände", hat er gerade vor dem Untzersuchungsausschuss gesagt – und jegliche Verantwortung von sich gewiesen.
Nach einem Zwischenspiel als Leiter der Staatskanzlei kehrt der gelernte Tierarzt aus Ampfing nun ins Verbraucherschutzministerium zurück. Der 60-Jährige ist verheiratet und hat drei Kinder. Er spielt Basstuba und Kontrabass bei der Ampfinger Bläsergruppe.
Marcel Huber (Umwelt, Verbraucherschutz; 60) Quelle: dpa
Gesundheitsministerin Melanie Huml
Die 42-jährige Oberfränkin Melanie Huml hat Medizin studiert, "um als Ärztin für andere Menschen da zu sein".
Seit 2013 ist sie bayerische Gesundheitsministerin. Die zweifache Mutter ist mit dem Rechtsanwalt Markus Huml verheiratet – kennengelernt haben sie sich in der Jungen Union.
Die Katholikin kritisiert Impfgegner, eine mögliche Abschaffung der Sargpflicht und Pflegeeinrichtungen, die Profit über Qualität stellen. Sie gilt als sensibel und engagiert. Mit Söder verbindet sie ein guter Draht. Da sie erst im Dezember zur CSU-Vizechefin gewählt wurde, ist ihre erneute Berufung ins Kabinett des Freistaats keine wirkliche Überraschung. rus
Melanie Huml (Gesundheit; 42) Quelle: dpa
Sozialministerin Kerstin Schreyer
Die neue Ministerin für Soziales und Familie heißt Kerstin Schreyer (46), ist Sozialpädagogin sowie Familientherapeutin und kommt aus Unterhaching. Im März 2017 wurde Schreyer Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung. Kurz vorher hatte sie wegen eines umstrittenen Facebook-Posts gegen Pädophile Schlagzeilen gemacht.
Als Integrationsbeauftragte agierte sie eher hinter den Kulissen, setzte sich vor allem für ausländische Frauen ein, hielt Kontakt zu den integrationspolitischen Sprechern aller Fraktionen – und überraschte bei einem Auftritt mit der Aussage, sie glaube, "dass es in Afghanistan nicht sicher ist". Parteilinie war das nicht. Ganz anders einer ihrer aktuellen Facebook-Einträge. "Gut integrierte Muslime gehören zu uns, nicht aber der Islam", schreibt die neue Sozialministerin da. Kerstin Schreyer ist geschieden und hat eine Tochter.
Kerstin Schreyer (Soziales; 46) Quelle: dpa
Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber
Michaela Kaniber aus Bad Reichenhall watete im Dirndl durch einen Eisbach am Maisrundweg in Bayerisch Gmain, weil sie bei einer "Grill-Pool-Challenge" auf Facebook nominiert wurde – voller Einsatz bei sieben Grad Wassertemperatur. Jetzt ist die 40-Jährige Agrarministerin und erweckt am Tag ihrer Berufung so viel Interesse, dass gleich ihre Homepage zusammenkracht.
Die Mutter dreier Töchter hat kroatische Wurzeln, ist gelernte Steuerfachangestellte und saß bisher in den Ausschüssen für Soziales und für Wissenschaft. Kaniber ist mit einem Polizisten verheiratet.
Michaela Kaniber (Agrar, Forst; 40) Quelle: dpa
Justizminister Winfried Bausback
in Mann, ein Amt: Winfried Bausback (52) ist promovierter Jurist, ehemaliger Hochschullehrer und seit 2013 bayerischer Justizminister. Sein Amtsantritt war schwierig. Der Fall Gustl Mollath schlug damals hohe Wellen. Dann wurden in der Wohnung des Münchner Kunsthändlers Cornelius Gurlitt hunderte Bilder und Skizzen entdeckt, zum Teil Raubkunst. "Heftig" sei das gewesen, hat Bausback einmal gesagt. Sachlich-nüchtern setzte er eine Task Force zur Provenienzforschung ein. Horst Seehofer lobte zudem, der Nachfolger von Beate Merk habe im Ministerium ordentlich "aufgeräumt".
Bausback stammt aus Aschaffenburg, ist verheiratet und Vater von drei Kindern. nk
Winfried Bausback (Justiz; 52) Quelle: dpa
Bildungsminister Bernd Sibler
ei Facebook teilt er zwar schon mal den legendären Wutausbruch von Trapattoni 1998, selbst ist Bernd Sibler aber eher der ruhige Typ.
Der Dauer-Kultus-Staatssekretär (geboren 1971) kommt aus Plattling und hat mit seiner Frau Michaela zwei Teenager-Buben. Sein alter Niederbayern-Spezl: Andi Scheuer aus Passau.
Der Gymnasiallehrer (Deutsch/Geschichte) hat sich bislang zwar nicht als der große Stratege hervorgetan, ihn qualifiziert dafür seine langjährige Erfahrung im Kabinett. Nur einmal fiel er auf – leider unangenehm: Beinahe stolperte er über die Verwandten-Affäre in der CSU. Aber nur fast. Horst Seehofer hielt an ihm fest, wie auch an vier weiteren Kabinettsmitgliedern.
Bernd Sibler (Bildung; 47) Quelle: dpa
Wissenschaftsministerin Marion Kiechle
Mit dieser Personalie hat Söder alle überrascht: Die Münchner Gynäkologin Marion Kiechle wird neue Wissenschaftsministerin. Die parteilose Medizinerin ist seit 2000 Ordinaria der Frauenklinik rechts der Isar und war deutschlandweit die erste Frau, die einen Gynäkologie-Lehrstuhl innehatte. Zudem ist sie Vorsitzende der Bayerischen Bioethik-Kommission und in der Zentralen Ethikkommission zur Stammzellenforschung.
Neben fachlicher Kompetenz bringt die 57-Jährige einigen Glamour mit ins Kabinett: Die gebürtige Baden-Württembergerin ist seit 2010 in vierter Ehe mit dem Schweizer TV-Journalisten und Sportkommentator Marcel Reif verheiratet.
Marion Kiechle (Wissenschaft; 57) Quelle: dpa
Europaminister Georg Eisenreich
Bisher war Georg Eisenreich Staatssekretär im Ministerium für Bildung und und Wissenschaft, jetzt wird er Leiter des neu zusammengewürfelten Ressorts "Digitales, Europa, Medien". Der gebürtige Münchner ist eigentlich Rechtsanwalt, übt diesen Beruf aber derzeit nicht aus.
Als Landtagsabgeordneter vertritt Eisenreich den Stimmkreis München-Hadern. Der 47-Jährige ist katholisch, verheiratet und hat drei Kinder. Innerhalb der CSU gehörte der Söderianer im Krisen-Herbst 2017 zu den lautesten Seehofer-Kritikern – was sich jetzt offensichtlich bezahlt macht.
Georg Eisenreich (Digitales, Europa, Medien; 47) Quelle: dpa
Lesen Sie auch: Paukenschlag: Spaenle fliegt aus Söders Kabinett