Bayerns Industrie alarmiert: "Die Lager ist mehr als ernst"

Der vorsichtige Optimismus, der im Sommer dieses Jahrs bei Bayerns Metall- und Elektrounternehmen (M+E-Unternehmen) gemessen wurde, ist wieder verflogen. Lage und Geschäftserwartungen der Betriebe haben sich nach den Ergebnissen der Winterumfrage der Branchenverbände vbm und bayme wieder eingetrübt.
"Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig und zahlen mit der anhaltenden Deindustrialisierung einen hohen Preis dafür", sagte vbm/bayme-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Mittwoch in München: "Die Lage ist mehr als ernst." Im Ausland werde Beschäftigung aufgebaut, im Inland hingegen reduziert.
15 Prozent der Betriebe bewerten Geschäftslage als gut
In der wichtigsten Industrie Bayerns sind zum Ende des Jahres noch 837.000 Menschen beschäftigt, 20.000 weniger als vor Jahresfrist. Der Beschäftigungsabbau werde 2026 in derselben Größenordnung weitergehen, prognostizieren die Dachverbände.
Nur noch knapp 15 Prozent der Betriebe bewerten die inländische Geschäftslage zuletzt als gut. Fast jedes zweite M+E-Unternehmen bewege sich derzeit "im kritischen Bereich", berichtete Brossardt.
18 Prozent schreiben demnach rote Zahlen, 13 Prozent kommen mit einer schwarzen Null über die Runden und zehn Prozent weisen eine Umsatzrendite von unter zwei Prozent aus.
vbw-Chef Bertram Brossardt: Berlin agiere zu zögerlich
Dass die Stimmung in den Unternehmen wieder schlechter ist als zur Jahresmitte, führte Brossardt auf die "nicht erfüllten Hoffnungen verbesserter Standortbedingungen" zurück. Aus Sicht der Wirtschaft habe die Bundesregierung zwar einen "guten Start" hingelegt.
Die Pläne der Regierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ließen auch "guten Willen" erkennen, aber Berlin agiere "zu zögerlich, zu unkonkret und vor allem nicht schnell genug". Um den Wohlstand zu bewahren, brauche man jetzt eine "schnell handelnde Regierung", so Brossardt.
Neue Hoffnungen ruhen auf dem kommenden Sommer, wenn die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden sollten. Das Infrastruktur-Sonderprogramm müsse rasch umgesetzt werden, damit seine Wirkung nicht verpufft. Die Unternehmenssteuersenkung sollte nach Ansicht Brossardts vorgezogen werden.
"Schwachstelle Sozialpolitik"
Die größte "Schwachstelle" der Bundespolitik verorten die Metall-Arbeitgeberverbände in der Sozialpolitik. Die "Haltelinie" beim Rentenniveau und die Mütterrente seien "nicht finanzierbar".
Ohne eine echte und nachhaltige Reform der Sozialsysteme seien steigende Beitragssätze nicht zu verhindern. Dadurch würden die Tarifverhandlungen für die Metallindustrie, die Ende 2026 starten, "vorab erschwert", befürchtete Brossardt.
Kritik an Verbrenner-Entscheidung
Mit dem Vorschlag der EU-Kommission zum sogenannten Verbrenner-Verbot für Pkw ab 2035 ist die bayerische M+E-Wirtschaft nicht zufrieden. "Unsere Einschätzung ist negativ", bewertete Brossardt die Aufweichung des Verbots.
Die Vorstellungen der Kommission gingen teilweise an der Realität vorbei. Jetzt liege es an Rat und Parlament der EU, einen gangbaren Weg bis 2035 zu finden.