Bayerns Comic-Szene: Tracht-Man - Superheld in Lederhosn

Bamberg - Er trägt keine Spinne auf der Brust und einen Umhang braucht Tracht-Man auch nicht. Der bayerische Superheld kommt mit Lederhosen und Trachtenhut aus. Sein Erfinder ist Christopher Kloiber aus Bamberg. Der 31-Jährige ist Zeichner, Autor und Herausgeber von Comics.
Für ihn war Marvel-Legende Stan Lee als Mensch eine Inspiration. Er ließ Spider-Man Netze an steilen Wänden auswerfen, Iron-Man im High-Tech-Anzug durch die Lüfte sausen und den grünen, kolossalen Hulk durch Gebäude stürzen.
Der Mann hinter den verdunkelten Brillengläsern und grau melierten Haaren war Schöpfer von knapp 600 Marvel-Superhelden. Nun ist die Comic-Legende Stan Lee tot (AZ berichtete). (Lesen Sie hierzu auch: Tochter verrät - Stan Lee arbeitete an einem neuen Superhelden)
"Er hat Comics für den Mainstream salonfähig gemacht"
Die traurige Nachricht bewegt auch die Szene in Bayern. "Klar, er war eine Ikone. Er hat Comics für den Mainstream salonfähig gemacht. Aber er war vor allem eine große Person mit einer sehr offenen Art."
Auch wenn Kloibers Lieblingscomic "Batman" von der Konkurrenz D.C. ist, hält er den Fanstreit, ob Marvel oder D.C. besser ist, für "Nerd-Kinder-Kacke." Die heutigen Comics findet er zu kommerziell. "Wolverine mit glühenden Krallen – das ist Quatsch."
Der gebürtige Münchner ist vor allem durch seinen Tracht-Man bekannt geworden, einen bayerischen Superhelden, dem höchstens mal die Birne glüht. Denn: Indem Tracht-Man Bier trinkt, tankt er seine Superkräfte, die je nach Sorte variieren, erklärt Kloiber. "Wenn er zum Beispiel Papstbräu trinkt, dann hat er göttliche Kräfte."
Tracht-Man: "Fliegen kann er nicht, er ist ein geerdeter Bayer"
Wie kam es überhaupt zur Idee für den Comic? "Ehrlich gesagt war ich überrascht, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist, einen bayerischen Comic zu machen."
Ein Setting in Amerika nach den großen Vorbildern kam für Kloiber nicht infrage: "zu langweilig" und "nicht true" genug, sagt er. "Das machen schon Tausende und die kommen dann auch aus den USA."
Schon seit zehn Jahren veröffentlicht Kloiber Comics in seinem Verlag Plem Plem Productions. Einmal fragte ihn seine Mutter, warum er nicht mal einen Comic über etwas Bayerisches machen wolle. So wurde Tracht-Man geboren.
Und, weil die Bayern mehr mit Klischees in Verbindung gebracht werden als andere Deutsche und sie umgekehrt oft stolz auf ihre Eigenheiten sind, wurden dem strammen, blonden Super-Bayern mit Bart einige Merkmale in die Wiege gelegt – Tracht, Lederhose oder eben Superbier.
"Mit der Klischeekeule wollte ich aber nicht um mich hauen." Und so ist Tracht-Man wie bei Marvel ein Held mit Stärken und Schwächen. "Ein temperamentvoller Hau-Drauf-Typ. Fliegen kann er nicht, er ist halt ein geerdeter Bayer."
Der Preuße: Wildschweinmonster in Militäruniform
Als solcher verteidigt er mit seinem Gehilfen, einem Ingenieur-Studenten, und seiner Knödelkanone Bayern und die blau-weiße Oktoberfestung vor Bösewichten wie den Preußen. "Der Preuße ist ein Wildschweinmonster in Militäruniform" – der Saupreiß eben.
Ein bisschen Batman fließt aber auch in Tracht-Man ein – auf bayerische Art. So wird der beim Kampf gegen die Guglmänner verletzt. Ihm zu Hilfe eilt kein Geringerer als Ludwig II. selbst.
Denn der hat sich – und jetzt kommt Batman ins Spiel – in einer Tropfsteinhöhle unter dem Schloss versteckt, wo er nur langsam altert. In beinahe kindlicher Freude erzählt Kloiber von seinen Comicstrips. Sein fünfter Tracht-Man-Band spielt in Regensburg. "Da kämpft er gegen einen Wolpertinger" – mehr möchte Kloiber noch nicht verraten.
Schließlich freuen sich inzwischen schon viele Fans auf die neuen Hefte. "Tracht Man ist ein Verkaufsschlager." Es gibt ihn sogar als Action-Figur mit Maßkrug in der Hand.
Vielleicht folgt bald ein Comic über Söders "Bavaria One"
Der 31-Jährige ist Autodidakt, er hat sich das meiste selbst beigebracht. Als er vor zehn Jahren damit anfing, Comics zu zeichnen, fand er zunächst keinen Verlag. Deshalb gründete er kurzerhand einfach seinen eigenen, den Plem Plem Verlag. "Erst hab ich den Namen bereut, aber er hat sich eingeprägt. Das war gut."
Seine Leser, sagt Kloiber, sind vor allem junge Erwachsene mit Comicaffinität. "Nicht die ganz Erfahrenen oder Marvel- und D.C.-Fans."
Jetzt ist Kloiber mit den Folgebänden beschäftigt. Ein Band hat bis zu 28 Seiten, rund drei Monate arbeitet er daran. Humor darf wie bei Stan Lee nie fehlen. Politisch wird es selten. Wobei: "Ich habe schon überlegt, ob ich das Projekt ,Bavaria One‘ von Söder mal in einem Comic verarbeite. Manche Sachen kann man sich nicht ausdenken."