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Attacke im ICE: Ermittler geben neue Details bekannt

Bislang ist ungeklärt, warum ein 20 Jahre alter Fahrgast am Donnerstag in einem ICE mehrere andere Passagiere mit Axt und Hammer angriff. Auch viele weitere Fragen sind offen. Am Freitagmittag haben die Staatsanwaltschaft Regensburg und Polizei ihre Ermittlungsergebnisse auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Die AZ berichtet für Sie.
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Die Staatsanwaltschaft Regensburg zur Attacke im ICE.
Die Staatsanwaltschaft Regensburg zur Attacke im ICE.

Nach dem Angriff eines ICE-Passagiers mit Axt und Hammer auf mehrere Fahrgäste haben die Staatsanwaltschaft Regensburg und Polizei heute ihre Ermittlungsergebnisse in einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium Niederbayern in Straubing vorgestellt. 

Der 20 Jahre alte Syrer hatte am Vortag in dem mit mehreren hundert Fahrgästen besetzten Zug auf der Fahrt von Hamburg nach Wien vier Menschen attackiert. Darunter waren nach ersten Erkenntnissen drei Landsleute: eine ebenfalls aus Syrien stammende Mutter mit ihrem Sohn und ein Mann. Soweit bisher bekannt, wurde der Angreifer von einem oder mehreren Fahrgästen überwältigt und selbst schwer verletzt. 

Mehrere Hundert Einsatz- und Rettungskräfte vor Ort

Bei der Pressekonferenz in Straubing sprach der niederbayerische Polizei-Vizepräsident Werner Sika davon, dass vor Ort 125 Einsatzkräfte im Einsatz waren. Der Zugteil musste zur Spurensicherung abgekoppelt werden. Es handelte sich um eine komplexe Lage bei hohen Temperaturen, die nur gelöst werden konnte, weil Hilfs- und Rettungsorganisationen in Freizeit und Ehrenamt geholfen haben – insgesamt waren hier über 100 Kräfte im Einsatz.  

Vor Ort mussten 429 Fahrgäste psychosozial und medizinisch betreut werden. Die Deutsche Bahn organisierte den Schienenersatzverkehr vor Ort. Um 20.30 Uhr konnten die letzten Fahrgäste zu ihrem Zielort abtransportiert werden. Die Bahnstrecke selbst war für drei Stunden gesperrt wegen Spurensicherungsmaßnahmen. 19 weitere Züge waren von den Maßnahmen laut Polizei-Vizepräsident Werner Sika betroffen. 

Stefan Schillinger von der Kriminalpolizeiinspektion Straubing erklärt den aktuellen Sachstand auf der Pressekonferenz. Der beschuldigte Syrer sei demnach schon vorher im Zug aufgefallen. Die Person, ein Deutscher, die den ersten Notruf absetzen wollte, wurden von dem 20-Jährigen angegriffen. Der Täter hatte einen Zimmererhammer dabei und ein Beil. Ob eine oder beide Gegenstände zum Einsatz kamen, ist bisher nicht bekannt.  Im Anschluss habe der Beschuldigte eine syrische Familie angegriffen.

Keine Vorbeziehung zwischen Opfern und Beschuldigtem

Dabei konnte neben einem Bundeswehrsoldaten, der eingriff, ein 24-jähriger Syrer aus der angegriffenen Gruppe den Beschuldigten selbst angreifen. Insgesamt gab es vier Verletzte. Der Täter selbst wurde dabei am schwersten verletzt. Unbeteiligte konnten den Mann laut Schillinger zu Boden bringen und fixieren, bis die Polizei kam.

Derzeit wird im Krankenhaus die Blutentnahme durchgeführt. Es waren sicher Betäubungsmittel im Spiel, so Schillinger. Genaueres muss noch herausgefunden werden.

Klar ist aktuell: Es gibt keine Vorbeziehung zwischen den Geschädigten und dem Beschuldigten nach derzeitigem Stand

Aktuell werden mehrere Handys ausgewertet auf ein mögliches Motiv – zwei von drei Handys sind bereits ausgewertet. Ebenso wird ein Laptop untersucht. Das werde aber noch Zeit in Anspruch nehmen. 

Niemand in Lebensgefahr

Aktuell schwebt keines der Opfer in Lebensgefahr, teilt Schillinger mit, der Täter muss nach aktuellem Stand operiert werden. Ein Opfer, das mittelschwer verletzt gewesen sein sollte, ist inzwischen als schwerverletzt eingestuft. Die Spurensicherung im Wagon muss noch weiter fortgeführt werden.

Wie die Polizei mitteilt, gibt es aktuell keine Erkenntnisse zu weiteren Tätern, weder in Österreich noch in Bayern. Der Beschuldigte ist als Asylbewerber in Österreich (Wien) wohnhaft und hat sich legal in Deutschland aufgehalten.

Auch zum Motiv lasse sich aktuell noch nichts sagen. Klar ist nur, der Beschuldigte machte einen verwirrten Eindruck.

Wie die Staatsanwaltschaft Regensburg mitteilt, ist man aktuell in Abstimmung mit der Zentralstelle der Generalstaatsanwaltschaft München. Das Verfahren liege aber in Regensburg.  

Versuchter Mord in zwei Fällen, schwere Körperverletzung

Derzeit arbeiteten drei Staatsanwälte an den Beschlüssen. Es wird ein Haftantrag gestellt werden wegen versuchten Heimtückemordes in zwei Fällen, gegen einen Deutschen und einen 24-jährigen Syrer. Außerdem geht es um gefährliche Körperverletzung in vier Fällen. Tatwaffen war ein Zimmererhammer und ein Beil, die Richtung Kopf eingesetzt wurden. Die Staatsanwaltschaft geht deswegen von einer Tötungsabsicht aus. Weitere Verletzungen wurden billigend in Kauf genommen. Aktuell ist aber unklar, der Beschuldigte demRichter vorgeführt werden kann, da er noch stark sediert sei und operiert werden müsse. Eventuell will der Richter den Beschuldigten für einen Eindruck im Krankenhaus besuchen.

Einstweilig ist er im psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Ein Drogenschnelltest hat ergeben, dass Hinweise auf mehrere Betäubungsmittel gibt – insgesamt drei verschiedene. Derzeit wartet man noch auf das toxikoligische Gutachten. Es könnte eine unkalkulierbare Wechselwirkung gegeben haben, die einen psychotischen Zustand hervorgerufen haben könnte, so die Staatsanwaltschaft.

Lebenslange Haft möglich

Die Motivlage sei noch offen, eine extremistische Motivation könne man weder bejahen noch ausschließen, so der Staatsanwalt. Ein Zeuge des Angriffs wolle allerdings beobachtet haben, wie der Beschuldigte beim Angriff auf die syrische Familie gebetet habe und "Allahu akbar" geäußert habe. Dabei handele es sich aber um ungesicherte Information eines Zeugens.

Bei einem extremistischen Motiv würde die Staatsanwaltschaft München übernehmen – allerdings stehen noch viele Untersuchungen in Österreich am Wohnsitz an.

Beim Überwältigen des Beschuldigten habe der 24 -jähriger Sohn der syrischen Familie den Beschuldigten schwer mit dem Hammer verletzt und aus Nothilfe heraus auch rechtlich gerechtfertigt. Niemand, der couragiert eingreife, habe etwas von den Behörden zu befürchten, so der Staatsanwalt aus Regensburg, ganz im Gegenteil.

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Was hat der Beschuldigte nach der ICE-Attacke zu befürchten? 

Wenn er sich schuldig gemacht hat, es ein Urteil gibt und er schuldfähig war, dann muss der Syrer mit einer Haftstrafe bis hin zu lebenslang rechnen. Das Alter muss allerdings auch in Betracht gezogen werden, der Beschuldigte selbst ist 20 Jahre alt und könnte also nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.

Sollte er nicht schuldfähig sein, könnte er dauerhaft in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden – das wäre dauerhaft bis ans Lebensende möglich, sod er Regensburger Staatsanwalt. 

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  • Bongo vor einer Stunde / Bewertung:

    Was sagtFrau Merkel zu solchen Fällen? Sie hat doch ein Büro mit 8 Mitarbeitern, da müßte es doch möglich sein, eine Stellungnahme herauszugeben. Mischt sich doch sonst auch noch ein z.B. bezüglich der Grenzkontrollen.

  • Hoferer vor 3 Stunden / Bewertung:

    Spielt das eine Rolle? Diese wie der Hammerschläger im ICE haben doch die Narrenfreiheit und wissen, dass sie wenig zu befürchten haben.

  • Himbeer-Toni vor 4 Stunden / Bewertung:

    Viele Fragen - und die Antworten der meisten Bürger, auch an der Wahlurne, werden euch nicht gefallen.

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