"Woran hat's gelegen?" Vom Erklärungszwang nach der Niederlage

AZ-Redakteur Timo Lokoschat hat Mitleid mit den ausgeschiedenen Sportlern, die Sekunden nach der Niederlage alles analysieren können müssen.
Timo Lokoschat |
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AZ-Redakteur Timo Lokoschat hat Mitleid mit den Sportlern, die Sekunden nach der Niederlage alles analysieren können müssen.

Sie keucht, sie japst, sie schnauft, sie ringt nach Luft. Carolin Nytra wirkt, als würde sie jeden Moment kollabieren. Aber Pflicht ist Pflicht.

Gerade einmal 20 Sekunden nach dem Hürdenlauf wartet auf die soeben ausgeschiedene Sportlerin die nächste Herausforderung: dem ZDF-Reporter am Stadionrand Rede und Antwort stehen.

Die Frage in diesen Situationen ist sinngemäß immer die gleiche: "Woran hat's gelegen?"

Und dann muss dem bedauernswerten Wettkämpfer wenige Momente, nachdem nach jahrelangem, hartem Training sein Traum geplatzt ist, eine halbwegs plausible Erklärung einfallen; eloquent, aber gleichzeitig emotional bitte, und nicht zu lang, denn danach wird wieder zum Gewichtheben geschaltet.

Gewinner haben wenigstens noch auf der Ehrenrunde Zeit, sich etwas Sinnvolles zu überlegen. Verlierer müssen sofort ran.

Verständlich, dass sich inzwischen auch die Sportler - wie Politiker am Wahlabend - ihre Floskeln zurechtgelegt haben. Das erinnert dann an FDP-Spitzenkandidaten, die nach 3,8 Prozent zunächst "den Wählerinnen und Wählern danken" möchten und verkünden, dass es nicht gelungen sei, "die wichtigen Themen den Menschen draußen im Lande" zu vermitteln.

Der gescheiterte Olympionike erklärt in solchen Situationen neuerdings, dass er nicht geschafft habe, "das Potenzial abzurufen".

Ahja.

Aber was soll er auch anderes sagen? Vielleicht könnte man den armen Athleten wenigstens die Zeit lassen, bis ihr Puls unter 130 gesunken ist. Außerdem: Muss er oder sie immer eine tiefschürfende Analyse liefern?

Manchmal gilt doch einfach, frei nach Franz Müntefering : "Verlieren ist Mist."

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