"Tatort: Der Mörder in mir": Kurz hinterm Ortsschild "Elend"

Die Polizistin steht da mit ihrer Kelle auf der Landstraße kurz hinterm Ortsschild „Elend“ und leitet hoch aufmerksam den Verkehr um den Unfallort herum. Den nicht vorhandenen Verkehr. Nur ein einsamer Radler (Jürgen Hartmann) im Sportdress kommt vorbei, der aber zufällig gleich der Gerichtsmediziner ist (und schon bald dozierend über die Leiche am Straßenrand hüpft). Kurz danach vermelden die Verkehrsnachrichten auf der Straße gar „Staus und stockenden Verkehr“ wegen des Polizeieinsatzes, und man fragt sich, wie das ohne Verkehrsteilnehmer wohl gehen soll.
Tatort: Der Mörder in mir
Sonst ist „Der Mörder in mir“ (Buch und Regie: Niki Stein) ein ziemlich starker „Tatort“: Ein Anwalt (Nicholas Reinke) kurz vorm großen Karrieresprung überfährt nachts im strömenden Regen einen Wohnungslosen. Fortan quält ihn die Frage: Soll er sich stellen? Die Karriere riskieren? Das gerade wachsende Familienglück?
Seine hochschwangere Frau (Christina Hecke) – ebenfalls Anwältin – sieht das bald ziemlich zynisch-pragmatisch: Der Tote war doch nur ein armer Kranker, der vielleicht ohnehin nicht mehr lange gelebt hätte. Die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) finden, völlig korrekt: Das geht so nicht, da könnte ja jeder kommen.
Starker Tatort: Zwischen Familienzusammenhalt und -auflösung
Es geht um Familienzusammenhalt und -auflösung und um die Arroganz der Reichen und den Stolz der Armen. Die alleinerziehende Mutter (Tatiana Nekrasov), die sich mit einem Job an der Autowaschanlage durchschlägt, ist die Zeugin, die alles auffliegen lassen kann. Und man verfolgt gespannt, ob sie sich von den eilends unternommenen und doch recht durchsichtigen Bestechungsversuchen des Anwaltspaares verführen lässt oder nicht.
Fürs Schwäbisch-Gemütliche kommt piepsig die etwas überdrehte Kommissarsanwärterin (Julia Dorothee Brunsch) dazu. Und die ganze Freude und die ganze Traurigkeit des Lebens hören wir aus dem Mund der Kinder, als sie aus der Schule abgeholt werden. Tochter: „Ich hab ne Zwei in Englisch geschrieben.“ Sohn: Ich habe meinen linken Turnschuh verloren.“