"Sturm kommt auf": Josef Hader als Schuster im Faschismus-Drama
Im zweiteiligen Historiendrama "Sturm kommt auf" erzählt Regisseur Matti Geschonneck (73) von Schuster Julius Kraus, gespielt von Josef Hader (63), der zwischen 1918 und Hitlers Machtergreifung 1933 versucht, sich aus allen politischen Konflikten herauszuhalten. Vergeblich.
Die Geschichte spielt in einem kleinen oberbayerischen Dorf, wo nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die politischen Spannungen eskalieren. Schuster Kraus lebt zurückgezogen in seiner Werkstatt, will weder Bürgermeister werden noch sich in die aufgeheizten Debatten zwischen "Roten" und Nationalsozialisten einmischen. Doch eine Erbschaft aus den USA und die Offenlegung seiner jüdischen Herkunft werden ihm zum Verhängnis.
Hochkarätiges Ensemble im Dorfkosmos
Neben Josef Hader in der Hauptrolle überzeugt Sigi Zimmerschied (72) als Bauer Heingeiger, der als neuer Bürgermeister versucht, die Ordnung im Dorf aufrechtzuerhalten. Verena Altenberger (37) spielt dessen Tochter Elies, Sebastian Bezzel (54) verkörpert den "roten" Ludwig Allberger, der beim Schuster Unterschlupf findet. Auch Antonia Bill, Frederic Linkemann und Matthias Bundschuh gehören zum prominent besetzten Cast.
Die Verfilmung basiert auf Oskar Maria Grafs (1894-1967) Roman "Unruhe um einen Friedfertigen" von 1947. Drehbuchautorin Hannah Hollinger und Geschonneck arbeiteten bereits vor 20 Jahren an dem Projekt, bevor es in Vergessenheit geriet. Erst nach dem Erfolg von "Die Wannseekonferenz" (2022) reaktivierten sie den Stoff - mit der Überzeugung, dass er heute aktueller denn je ist.
"Ich denke, 'Sturm kommt auf' ist ein Heimatfilm - ein bayerischer", meint der Berliner Regisseur. "Ein Zeitporträt im Voralpen-Westerngewand", sagt Geschonneck dem Sender. "Menschen werden verführt, ins Verderben gestürzt, auf dem Land genauso wie in der Stadt. Die Geschichte erzählt von uns", fügt er hinzu und weiter: "Das war mal Gegenwart, nicht lange her. Ich überlasse es den Zuschauerinnen und Zuschauern, mögliche Parallelen zur Gegenwart zu ziehen." "Sturm kommt auf" sei dafür wohl auch der passende Titel.
Zeitlose Figuren mit beklemmender Aktualität
"Es ist eine sehr inwendige Figur, die nicht viele Worte macht, vieles durch Blicke oder den Körper ausdrückt", beschreibt der österreichische Kabarettist und Schauspieler Josef Hader seine Rolle. Zur Vorbereitung beschäftigte er sich mit dem Leben von Juden in der österreichischen Monarchie. Seine Figur stammt ursprünglich aus dem galizischen Lemberg, dem heutigen Lwiw in der Ukraine.
Verena Altenberger war von ihrer Rolle sofort überzeugt: "Es gibt Rollen, die zwingen mich. Die zwingen mich, zuzusagen, und übernehmen von Anfang an das Ruder." Sie hoffe, dass der Stoff historisch bildet, habe aber auch "große Angst, dass der Stoff aktueller ist, denn je".
Auch Sebastian Bezzel betont die erschreckende Gegenwartsnähe: "Einfach mal ab und zu Nachrichten schauen oder Zeitung lesen, dann merkt man schnell, dass dieser Stoff unangenehm aktuell ist." In diesem Mikrokosmos Dorf zeige sich exemplarisch, wie nach dem Sturz eines Systems erst Chaos entsteht und es letztendlich in die totale Katastrophe führt.
Meisterhafte Inszenierung mit politischer Dringlichkeit
Regisseur Matti Geschonneck drehte die deutsch-österreichische Koproduktion rund um Salzburg, nachdem die ursprünglich geplanten bayerischen Drehorte nicht den historischen Anforderungen entsprachen. Die Suche nach authentischen Motiven dauerte anderthalb Jahre. Produzent Jakob Claussen spricht von einer "besonderen Verantwortung", der Vision des großen bayerischen Schriftstellers Oskar Maria Graf gerecht zu werden.
Der Zweiteiler läuft im Rahmen des senderübergreifenden Programmschwerpunkts "Gegen das Vergessen - 80 Jahre Kriegsende". Die Ausstrahlung am 10. November, einen Tag nach der Reichspogromnacht, ist bewusst gewählt. "Die Zeit vor 1933 geht uns heute etwas an", betont Geschonneck. Die Unversöhnlichkeit der politischen Lager, die gelähmte Demokratie, die Sehnsucht nach großen Führern - all das wiederhole sich gerade auf gespenstische Weise.
Der Zweiteiler "Sturm kommt auf" läuft am 10. November um 20:15 Uhr und 22 Uhr im ZDF. In der Mediathek ist er bereits abrufbar.
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