So wird der "Tatort" am Sonntag

Eines kann man jetzt schon mit Sicherheit sagen: Der "Tatort - Brüder" wird hitzige Diskussionen nach sich ziehen. Die Bremer wagen sich mitten in der europäischen Zuwanderungsdebatte an brisanten Stoff, tappen dabei aber leider all zu oft in die Klischee-Falle.
(mih/spot) |
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Die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) wagen sich auf brisantes Terrain
Radio Bremen/Jörg Landsberg Die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) wagen sich auf brisantes Terrain

Bremen - "Es hätte eine so schöne Nacht werden können." Wenige Augenblicke nach diesem Satz wird die Polizistin Anne Peters zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Hassan Nidal (Das Salim), Anführer eines kriminellen Clans in Bremen, tritt immer wieder auf die junge Frau ein. Ihr Kollege David Förster (Christoph Letkowski) steht der Situation hilflos, erstarrt und verängstigt gegenüber. Als die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) eintreffen, ist er verschwunden. Die Ermittler finden heraus, dass David und Anne unvermutet die Aktivitäten des Clans gestört haben und geraten selbst in ein Netz aus Gewalt und Drohungen.

"111 Gründe den 'Tatort' zu lieben" können Sie hier nachlesen

"Brüder" reiht sich in die Liste der atmosphärisch inszenierten Krimis der letzten Monate ein. Das gilt auch für die Darstellung der Gewalt. Obwohl der Angriff auf die Polizistin Anne Peters nicht explizit gezeigt wird, machen Geräusche und Gesten die Brutalität der Szene schmerzlich deutlich. Regisseur Florian Baxmeyer inszeniert mit dem aktuellen Fall bereits seine achte "Tatort"-Episode für Radio Bremen. Diesmal sind die Bilder noch rhythmischer, roher und kälter als in den vorangegangenen Filmen. Die Handlung wird schnell erzählt, ohne bremsende Nebenschauplätze. Eine moderne Gangstergeschichte in Bremen.

Gute Hauptdarsteller, bewegende Bilder, eine interessante und aktuelle Geschichte - alles gut also? Leider nein. Es ist durchaus legitim, einen Blick auf ausländische Banden-Kriminalität zu werfen, die den deutschen Rechtsstaat außer Kraft setzt und unter den Augen der Justiz nach ihren eigenen Gesetzen lebt. Dafür gibt es genug reale Beispiele. Wer aber im "Tatort" eine arabischstämmige Familie zeigt, die praktisch nur aus Verbrechern besteht, muss aufpassen, dass er es mit den Klischees nicht übertreibt. Leider überziehen Baxmeyer und seine Autoren an manchen Stellen.

In einer Szene werden zwei ausländische Angeklagte unter Applaus und Gelächter ihrer Eltern und Geschwister aus dem Gerichtssaal geführt, nachdem sie sehr zur Freude ihrer Angehörigen den Richter und den Staatsanwalt angepöbelt haben. Natürlich kann man derartige Missstände ansprechen - dann müsste man aber auch zeigen, wie es soweit kommen konnte. Für sich alleine genommen schüren solche Szenen Vorurteile und Ressentiments. Und das hat nichts mit übertriebener political correctness zu tun. Man mag sich die ohnehin teilweise geschmacklosen Kommentare auf der "Tatort"-Facebook-Seite diesmal gar nicht vorstellen.

So bleibt am Ende ein zwiespältiger Eindruck: "Brüder" ist einerseits ein gut inszeniertes Gangsterdrama, das das namensgebende Titelthema "Brüder" angenehm dezent als inhaltliche Klammer führt. Andererseits macht sich der Film die mühsam aufgebaute Intensität der Bilder durch arg klischeehafte Szenen selber kaputt. Für Diskussionsstoff dürfte immerhin gesorgt sein.

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