So wird der "Polizeiruf 110" am Sonntag

Action-Fans müssen am Sonntag stark sein. In "Käfer und Prinzessin", dem neuesten "Polizeiruf 110", werden Konflikte gerne mit Worten gelöst.
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Olga Lenski (Maria Simon, re.) und ihre Schulfreundin Ruth (Fritzi Haberlandt)
rbb/Oliver Feist Olga Lenski (Maria Simon, re.) und ihre Schulfreundin Ruth (Fritzi Haberlandt)

Schöne Bilder, tolle Schauspieler, wenig Spannung: Action-Fans müssen am Sonntag stark sein. In "Käfer und Prinzessin", dem neuesten "Polizeiruf 110" aus Brandenburg, werden Konflikte gerne mit Worten gelöst.

Berlin - Der "Polizeiruf 110" als Heimatkrimi: Panoramaaufnahmen der brandenburgischen Steppe, ein Spinnennetz zwischen zwei Ästen, Hippies bei der Apfelernte und im Hintergrund singt ein Cowboy von der Einsamkeit. "Käfer und Prinzessin" ist von der hektischen "Tatort"-Welt und einem herumballernden Nick Tschiller so weit entfernt wie Til Schweiger von einer nuschelfreien Aussprache. Stattdessen: Hauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) und der dicke Krause (Horst Krause), die tiefenentspannt durch diesen Mordfall tapsen. Das ist eine Weile sehr schön anzusehen, weil neben der Szenerie auch die Besetzung sehr stimmig ist und Klischees weiträumig umgangen werden. Allerdings hat man zwischenzeitlich Angst, dass der Film von Regisseur Robert Thalheim vor lauter Entschleunigung irgendwann ganz stehen bleibt...

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Das Mitglied eines Öko-Bauernhofes wird tot in der Jauchegrube eines benachbarten Hofs aufgefunden. Die Ermittlungen von Olga Lenski und Krause gehen in mehrere Richtungen, denn innerhalb der harmoniebedürftigen Landkommune gibt es erhebliche Spannungen. Das Ackerland der Gemeinschaft ist verseucht und für den Bio-Anbau unbrauchbar, was zu finanziellen Engpässen führt. Eifersüchteleien unter den Landwirten scheinen an der Tagesordnung zu sein. Lenski trifft bei den Ermittlungen auf ihre alte Schulfreundin Ruth Leiberg (Fritzi Haberlandt), die Lebensgefährtin des Opfers. Für die Hauptkommissarin rückt der Mord einen kurzen Moment in den Hintergrund. Alte Erinnerungen werden wach. Zum ersten Mal blicken die beiden jungen Frauen auf ihr Leben zurück.

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Anders als die Heimatkrimis im Vorabendprogramm der ARD verzichtet "Polizeiruf 110: Käfer und Prinzessin" auf platte Klischees und seichte Folklore. Stattdessen räumt man den Protagonisten viel Raum und Zeit ein, sich zu entwickeln und ihre Geschichten auszubreiten. Fritzi Haberlandt spielt Ruth, die sich bereits in jungen Jahren für ein alternatives Leben jenseits der üblichen Konventionen entschied und diese Philosophie unter keinen Umständen aufgeben will. "Ich habe immer daran geglaubt, dass es auch anders geht. Dass man auch anders leben kann", sagt sie in einer der zahlreichen Zwei-Personen-Szenen zu Lenski, die den klassischen Weg mit Ausbildung und Beruf ging. Was ist aus unseren Träumen von damals geworden? Und welche Opfer wollen wir bringen, wenn jemand uns aufwecken möchte? Fragen, so weitläufig wie die Mecklenburgische Seenplatte.

Den mysteriösen Kopfmenschen in dieser philosophischen Konstellation gibt Peter Lohmeyer als Kommunen-"Chef" Harry Wacker. Seine Motive bleiben lange im Unklaren. Er und Lenski umschleichen sich, versuchen auseinander schlau zu werden. In den Dialogen funktioniert das ganz gut, das spontane Aikido-Duell der beiden ist dagegen unfreiwillig komisch.

Inszenierung, Schauspieler, Dialoge - das geht alles in Ordnung, trotzdem wird dieser Film mit der Zeit ziemlich langatmig. Spannung will zwischen den ganzen schönen Bildern nämlich keine Aufkommen. Die Liste der Verdächtigen ist schließlich sehr überschaubar. Die Versuche, einigen Nebencharakteren ein Motiv anzudichten, bleiben halbherzig. So veruntreut ein kiffender Öko-Bauer und Chemie-Lehrer Gemeinschaftsgelder, um sich ein Drogenlabor aufzubauen - "Breaking Bad" lässt kurz grüßen. Schon wenige Minuten später ist allerdings klar, dass der gute Mann völlig harmlos ist.

Und so zieht sich der Film spätestens ab der Hälfte zäh wie Bio-Sirup dahin, Handlungsstränge und vermeintliche Motive - von Familiendrama bis Immobilienmauschelei scheint alles möglich - lösen sich in Rauch auf und jeder Konflikt wird totgeredet. Als es dann gegen Ende in einem Büro ausgiebig um die Umwandlung von Acker- in Bauland geht, wünscht man sich doch Nick Tschiller herbei, der jetzt mal ein paar Leute umnieten könnte.

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