Neuer "Polizeiruf 110" aus München: Wie ist der Dragqueen-Krimi?

Ohne die Aussagen der Dragqueens können die Münchner Kriminalhauptkommissare Cris Blohm (Johanna Wokalek) und Dennis Eden (Stephan Zinner) den kaltblütigen Mordfall in "Polizeiruf 110: Ein feiner Tag für den Bananenfisch" (18. Mai, 20:15 Uhr, das Erste) nicht lösen. Doch die drei weigern sich, aus gutem Grund.
Darum geht's in "Polizeiruf 110: Ein feiner Tag für den Bananenfisch"
Frühmorgens wird ein Mann im Münchner Bahnhofsviertel mit fünf Schüssen getötet. Die Kriminalhauptkommissare Cris Blohm und Dennis Eden übernehmen die Ermittlungen - und stoßen bald auf die wahren Hintergründe der Tat. Doch klare Beweise für eine Festnahme fehlen.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, nehmen die beiden Kontakt zu potenziellen Zeugen auf. Ihre Spur führt sie in die schillernde Welt dreier Dragqueens: Menora (Božidar Kocevski), Peekabou (Meik van Severen) und Tulip (Patrice Grießmeier). Die drei haben das Verbrechen zwar beobachtet, schweigen jedoch beharrlich. Blohm und Eden setzen alles daran, ihr Vertrauen zu gewinnen - und geraten dabei selbst in Gefahr.
Lohnt sich das Einschalten?
Ja, es lohnt sich. Dieser "Polizeiruf 110" ist ein visuell opulenter und emotional berührender Ausflug in eine Welt, die vielen fremd ist und gerade deshalb fasziniert. Der Titel erinnert an "Ein perfekter Tag für Bananenfisch" ("A Perfect Day for Bananafish", 1948) von US-Schriftsteller J.D. Salinger (1919-2010). In dieser Kurzgeschichte steht der Bananenfisch symbolisch für psychische Verletzlichkeit, Isolation und den Rückzug aus einer unverständlichen Welt.
Das passt, denn Regisseur Dror Zahavi ("Tatort: Franziska", 2014) nimmt uns in seinem TV-Krimi mit ins nächtliche München, in ein Bahnhofsviertel zwischen Gentrifizierung und Glitzerwelt, zwischen Kälte und Identitätssuche. Im Mittelpunkt steht der "Rainbow Club" - ein Zufluchtsort für Dragqueens, in dem andere Regeln gelten als draußen auf der Straße. Als der Mord geschieht, betreten die Kommissare eine Realität, die sie nicht verstehen, auf die sie sich aber einlassen müssen. Zwei Welten prallen aufeinander - Polizei trifft auf Drag, Rationalität auf Rausch.
Deutlich wird der Gegensatz an Dialogen und Sätzen wie diesen: "Sagen wir jetzt er oder sie?" - "Is doch wurscht, es geht um Mord - Wahrheit vor woke." Oder: "So lange die Cis-Hete dabei ist, sage ich gar nichts." Drehbuchautor Günter Schütter ("Tatort: Frau Bu lacht") hat den Protagonisten auch im religiösen Kontext viel Provokantes und Plakatives in den Mund gelegt: "Bist du noch fit?" - "Fit wie die Leber von einem Moslem." Oder: "Er ist doch in seiner Jugend zwangsverchristet worden", werden die Zuschauerinnen und Zuschauer zu hören bekommen.
Der Film bedient trotzdem keine Klischees, sondern zeigt die Drag-Community differenziert und mit Respekt. Die Figuren Menora, Peecabou und Tulip sind komplexe Persönlichkeiten - nicht bloßes Beiwerk, sondern vielmehr das Herzstück der Geschichte. "Unser Cast und unser Team haben mit großem Engagement daran gearbeitet, eine Geschichte zu erzählen, die nah an der Realität bleibt, ohne Klischees oder Stereotype zu bedienen", erklärt Produzentin Ariane Krampe. Und die Filmemacher hatten offenbar Experten an der Seite, denn: "Wir danken insbesondere den Beratern und Beraterinnen aus der Drag- und LGBTQ+-Community, die uns mit ihrer Expertise unterstützt haben", fügt sie in ihrem Statement hinzu.
Wer sich auf diese beeindruckend inszenierte Reise einlässt, wird mit einem unterhaltsamen und bewegenden Fernseherlebnis belohnt.