Liebe Heidi! Eine AZ-Kritik zum GNTM-Finale

Während die "Mädchen" auch bei den dämlichsten Fotoshootings Restwürde bewahren, zeigt die quietschige "Model-Mama" beim Finale wenig Professionalität. Eine AZ-Kritik in Briefform

Liebe Heidi,

seit nunmehr acht Staffeln predigst du Modelpriesterin in deiner Show „Germanys Next Topmodel“ das Mantra von der Professionalität.

Professionalität, wenn der Kunde ein Kakerlaken-Vogelspinnen-Mistkäfer-Shooting wünscht, Professionalität, wenn das Shooting leichtbekleidet in der Eiskammer stattfindet und Professionalität, wenn die süßen Möchtegern-Models mit einem kaugummikauenden tätowierten Rüpel fotografiert werden.

Es muss an dieser Stelle nicht betont werden, dass es keinen Spaß macht, 16-jährigen Mädchen beim Zicken, Heulen, Zicken und Heulen zuzusehen. Doch „deine Mädchen“ (deine Minderjährigen) haben sich auch in dieser Staffel bei den dämlichsten Fotoshootings professionell verhalten und auch den hirnrissigsten Catwalk mit einer Restwürde absolviert. Wie das 16-Jährige eben so machen, wenn sie berühmt werden wollen.

Diese Professionalität, liebe Heidi, hätte ich mir auch bei der finalen Show am Donnerstag in der SAP-Arena gewünscht. Das Finale („Denn nur EINE kann Germanys Next Topmodel werden, nur EINE…“) jeder Staffel ist zweifellos geprägt von gähnender Langweile, garniert mit viel nackter Haut - doch gestern hast du dich selbstübertroffen.

Wenn inzwischen ordentlich professionelle Mädchen in eine schlecht konzipierte Show mit einer miesen Moderatorin geworfen werden, sind auch die Wannabe-Models aufgeschmissen. Und so rollte es den Zuschauern während der finalen Show ganz langsam die Fußnägel auf, ein jeder Zuschauer wollte am liebsten in die Sofaritze kriechen vor Fremdscham. Oder hoffte, ganz schnell an den Chips zu ersticken. Nicht wegen deiner Mädchen, sondern wegen der Show, die du um diese Mädchen gebastelt hast.

Um Catwalk und Fotoshootings, die der Zuschauer zu Genüge kennt, aufzupeppen, wurden Bilder aus dem Trainingscamp gezeigt. Im Trainingscamp sollten „deine Mädchen“ lernen, wie sie Burlesque tanzen. Schade nur, dass die Musik von Robin Thicke im Finale dann so gar nicht Burlesque war und schlicht zu schnell. Was die vier Finalistinnen da mit Badewanne und Sofa als Requisit ablieferten, würde sogar bei einer Möbelhaus-Eröffnung niedergebuht werden.

Und dann dieser irre, nie dagewesen Einfall, die Mädchen als die vier Elemente auf den Catwalk zu schicken. Da ich mich schon immer gefragt habe, was denn die Aufgabe eines Creative Directors wie Thomas Hajo ist, sei die Frage erlaubt: Wäre es nicht sein Job gewesen, einzuschreiten? Dazwischen kreischt, fiepst und gute-launst du zwanghaft: Die Mädchen sollen sexy sein (ist mit freigelegtem Hintern ein Leichtes, auch für Minderjährige) und Spaß haben (Ja, das bestätigen sie dir permanent).

Wo der Fun-Faktor für die Zuschauer in der Halle und vor dem Fernseher liegen soll, bleibt rätselhaft. Vielleicht beim lächerlichen Kleid, das du getragen hast und das in seiner pinken Quietschigkeit perfekt zu deiner Stimme und der Heidi-Art passte? Sollte man wetten, wann der Heidi die Ohrlöcher reißen, weil die Motorradreifen-großen Klunker gefährlich dran zogen? Oder rätselraten, wer dir diese Goldwürste an den Hals getackert hat? Diskussionen darüber führen, ob deine Brüste wirklich asymmetrisch sind oder das nur durch das grausige Kleid so wirkte? Googeln, ob deine Aussage stimmt, dass der „Psy einen Hit nach dem anderen raushaut“?

Ist ja auch egal, die Mädchen hatten ja sooooo viel Spaß mit Psy auf der Bühne. Höhepunkt der Sendung war dann nicht das Cover der Cosmopolitan, sondern zwei barbusige Femen-Aktivistinnen, die sich „Heidi Horror Picture Show“ auf den Körper geschrieben hatten.

Nur leider fehlte es dieser Heidi-Horror-Show an Professionalität. Heidi, in Zukunft werde ich mich einfach so Donnerstags mit meinen Mädchen treffen, wir mampfen fettiges Essen, stolzieren Konfetti-werfend durch meinen Flur und machen schlechte Handyfotos voneinander - ohne Roboter und Stelzen, werden aber sicher viele Posen anbieten und Spaß haben. Das ist allemal unterhaltsamer als deine Show - und professioneller.