Leserkommentare: Wie die AZ künftig damit umgeht
Keine Sorge: Unsere Leser können auch weiterhin zu (fast) allen AZ-Artikeln Kommentare schreiben. Aber wir werden strenger gegen Hetzer, Störer und "Trolle" vorgehen - im Sinne einer Debattenkultur.
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir müssen reden. Wir sollten uns unterhalten über die Kommentarspalte unter den Artikeln hier im Online-Angebot der Abendzeitung. Lassen Sie uns einsteigen mit ein paar Beispielen von Leserkommentaren aus der jüngeren Vergangenheit:
"Wann lernen es diese blitzgescheiten Fachkräfte endlich? Ihr Maulhelden habt sie herbestellt also kümmert ihr euch auch um sie." (zur Geschichte über einen in einem bayerischen Fluss ertrunkenen Flüchtlingsjungen)
"Weg mit den Alpen, wir fordern freie Sicht aufs Mittelmeer." (unter der Berichterstattung über einen tödlichen Verkehrsunfall in München)
"Der grenzenlose Egoismus mancher Menschen macht nicht einmal vor der Instrumentalisierung unschuldiger Kinder halt - traurig. Schlimm so etwas. Sollte verboten sein." (zum Artikel über zwei Männer, die ein Baby adoptiert haben)
"Lieber ein Ekzem am After, als ein deutscher Burschenschaftler" (unter dem Artikel über "Heil-Hitler"-Rufe im Verbindungshaus einer Burschenschaft in München-Bogenhausen).
Was ist der Wert solcher Äußerungen? Einen sinnvollen oder gar förderlichen Beitrag zu einer Diskussion über das Thema (und das soll ja über die Kommentarspalte ermöglicht werden) lässt sich darin jedenfalls nicht erkennen. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein Phänomen, das uns in zunehmendem Maße beschäftigt. Das zwingt uns zum Handeln.
Was ist das Problem?
Auf den Punkt gebracht: In zu vielen Kommentaren stehen nicht mehr der Austausch von Information und Meinung im Vordergrund, sondern Häme, Diffamierung, Beleidigung. Das ist nicht nur im einzelnen ein Affront gegenüber den Betroffenen, das schadet im Ganzen auch insgesamt der Debattenkultur. Wir wollen eine Pluralität an Meinungen, wir sind (auch wenn uns einzelne Kommentatoren immer wieder das Gegenteil unterstellen) stets offen für Kritik, dankbar für die Hinweise auf unsere Fehler. Aber wir haben eben auch die Verpflichtung, dass wir andere schützen und das Selbstverständnis, dass wir uns nicht pauschal herabwürdigen lassen.
Wie reagieren wir darauf?
Was bleibt: Es wird bis auf weiteres keine Registrierungspflicht für Leser-Kommentatoren in unserem Angebot geben. Und es bleibt auch dabei, dass alle abgegebenen Kommentare (an manchen Tagen sind das weit mehr als 1.000) von der Redaktion erfasst, gelesen, auf Übereinstimmung mit unseren Kommentarregeln" entscheiden darüber, welche Kommentare erscheinen. Weil wir auch die Verantwortung dafür haben, dass sich die Gäste in unserem "Haus" benehmen und sich möglichst alle darin wohlfühlen.
Was sich ändert: Wir werden die erwähnten Kommentarregeln strenger und restriktiver auslegen als bisher. Das bedeutet, dass im Ergebnis auch Kommentare gesperrt werden, deren Inhalt zwar nicht strafrechtlich eine Beleidigung darstellt, aber eben auch nicht den Mindestanforderungen an Anstand und ein faires Miteinander erfüllt. Ebenso verfahren wir mit Kommentaren, die keinerlei sachlichen Bezug zum Thema haben und ganz offensichtlich nur darauf abzielen, zu stören. Das bedeutet auch, dass wir in mehr Fällen als bisher die Kommentarspalte unter einem Artikel nachträglich schließen, wenn eine Debatte komplett aus dem Ruder läuft. Und es bedeutet, dass wir sozusagen als schärfste Maßnahme öfter von vornherein eine Kommentierung nicht zulassen werden.
Was erhoffen wir uns davon?
Kurz gesagt: die Rückkehr zu einer niveauvollen Debattenkultur, einem gerne auch harten aber niemals beleidigenden Widerstreit von Positionen. Wir sind uns dessen bewusst, dass der eine oder andere unserer "Stammkommentierer" diesem Angebot dann den Rücken kehren wird. Wir haben aber auch die Hoffnung, dass sich alle anderen künftig noch lieber und auch öfter an der Debatte beteiligen, dass neue "Kommentierer" unser Haus besuchen werden.
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Herzlichst,
Stephan Kabosch
Leiter der Onlineredaktion
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