"Kälter als der Tod": AZ-Kritik zum Frankfurt-Tatort
Frankfurt/Main - Die neuen Frankfurter "Tatort"-Kommissare lösen am Sonntag ihren ersten Fall. Die von der Bühne und aus dem Fernsehen bekannten Schauspieler Margarita Broich und Wolfram Koch ermittelten erstmals als Anna Janneke und Paul Brix.
Worum geht's? Dreifachmord!
In ihrem Debüt geht es um einen Dreifachmord. Das Ehepaar Sanders und ihr Sohn Tobias wurden erschossen. Doch wo ist die 17 Jahre alte Tochter Jule?
Von ihr und Miranda, der Nachhilfelehrerin der Kinder, fehlt jede Spur. Für die Ermittler beginnt ein spannender Wettlauf mit der Zeit, der durch familiäre Abgründe gleich mehrerer Generationen führt.
"Kälter als der Tod" heißt der erste "Tatort" des Hessischen Rundfunks mit dem neuen Team. Dass die neuen Kommissare ganz anders sind als ihre gegensätzlichen Vorgänger - der dem Alkohol verfallene, eigenbrötlerische Frank Steier (Joachim Król) und die junge, attraktive, freche Conny Mey (Nina Kunzendorf) - wird gleich in den ersten Minuten klar.
Paul Brix und Anna Janneke verstehen sich nicht nur blendend, sie hegen auch anders als ihre Vorgänger keine grundsätzliche Abneigung ihrer Umwelt gegenüber. Janneke holt Brix vor dem ersten Einsatz zuhause ab, er kriecht unter den Schreibtisch im Büro und stöpselt das Telefon ein. Die beiden gehen von Beginn an aufeinander zu, helfen sich. "Sie kennen Brix keine 12 Stunden und haben sich schon für ihn eingesetzt", stellt der neue Chef der beiden (nicht ganz so herrlich grandios wie sonst, aber noch immer ziemlich groß: Roeland Wiesnekker) nach wenigen Minuten fest.
Zu viel Harmonie kann zwar mitunter auch anstrengend sein, grundsätzlich ist es aber nicht verkehrt, dass man sich von den Egomanen Mey/Steier abtrennt und sich die beiden Neuen wie normale Menschen - natürlich mit ein paar charakteristischen Marotten - verhalten. Überhaupt scheint der HR darum bemüht, dem derzeitigen Hang zu besonders extravaganten Figuren etwas Bodenständigkeit entgegenzusetzen. Die Biographie von Brix und Janneke ist denkbar unspektakulär, sieht man einmal von einer längst überstandenen Tablettensucht bei ihm ab. Ein Mann der Straße, ja. Aber eher ein Peter Faber mit guten Manieren. Janneke wiederum ist eine Mischung aus Miss Marple und Columbo, was erstmal ganz charmant wirkt, auf lange Sicht aber nerven könnte. Fazit zu den Neuen: solider Einstand, aber noch mit Potential nach oben.
Abgedrehte Auflösung
Und der Fall? Dafür, dass sich mit Florian Schwarz (Regie) und Michael Proehl (Buch) das kongeniale Duo aus "Im Schmerz geboren" für den Film verantwortlich zeigt, ist das Ergebnis ziemlich durchschnittlich geworden. Darum geht's: Vater, Mutter und Sohn werden erschossen in ihrem Haus aufgefunden. In der Stereo-Anlage läuft eine CD in Endlosschleife. Die Tochter und ihre Nachhilfelehrerin sind zunächst verschwunden, werden aber schon bald aus einem Verlies auf einem stillgelegten Hof von der Polizei befreit. Des mehrfachen Mordes verdächtig sind: ein Postbote, ein Nachbar, der Onkel, die Tochter und ihre Nachhilfelehrerin.
Von kleineren Kabinettstückchen bei der Inszenierung - Split-Screen, eingeblendete SMS, und Kommissare an Orten, an denen sie gar nicht sein können - abgesehen, plätschert der Film so vor sich hin, um dann zum Ende hin eine ziemlich halsbrecherische Wendung hinzulegen, bei der sich auf Twitter alle das virtuelle Maul zerreißen werden. Es gab schon bessere und schlechtere Fälle zum Einstand.
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