Guerillaorganisation für Information

Der Fernsehjournalist Frederik Pleitgen ist ein Aushängeschild für CNN – und in Krisen live vor Ort
Volker Isfort |
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Frederik Pleitgen (Mitte) bei einem journalistischen Einsatz im Gaza-Streifen.
CNN Frederik Pleitgen (Mitte) bei einem journalistischen Einsatz im Gaza-Streifen.

Während in der ARD und im ZDF im Februar noch diskutiert wurde, ob man einen „Brennpunkt“ zum Geschehen auf dem Maidan machen sollte, war der US-Sender CNN schon stundenlang auf Sendung. 1980 gründete Ted Turner CNN als weltweit ersten Nachrichtenkanal. Frederik Pleitgen ist dort seit fast einem Jahrzehnt Korrespondent.

Herr Pleitgen, was macht CNN so schnell?

FREDERIK PLEITGEN: Der ganze Sender ist im Grunde genommen wie eine große Guerilla-Operation organisiert. Alle Büros sind darauf ausgelegt, sofort auf große Geschichten reagieren zu können. Man kann viele Leute schnell an fast jeden Ort der Welt bringen. Schon für die Kriegsberichterstattung im Irak und in Afghanistan haben wir die Sendetechnik so ausgebaut, dass sie leicht genug ist, um überall hinzukommen und gut genug, um von überall senden zu können. Wir hatten diesmal ganz schnell Teams in Kiew, auf der Krim, in der Ostukraine und in Moskau.

Wer entscheidet über den Einsatz und wie lange dauert das?

Das entscheidet entweder der Chef in London oder in Atlanta, wir haben da zwei Newsdesks. Es kann schon passieren, dass man abends Zuhause sitzt und ein paar Stunden später schon in irgendeinem Krisenherd arbeitet.

Dann landen Sie und sind oft in der ersten Stunde schon auf Sendung – ohne allzuviel Hintergrundwissen?

Man kann nicht auf Knopfdruck in jeder Weltregion mit der Geschichte des Landes über die letzten Jahrhunderte bewandert sein. Aber wir haben auch alte Haudegen im Team, die schon im Kalten Krieg dabei waren und vieles kennen. Und wenn ich jetzt wieder nach Syrien verlegt würde, was schon oft passiert ist, oder in den Irak, oder in den Libanon, dann habe ich aus meiner Erfahrung aus den letzten Jahren schon sehr viel Wissen über diese Regionen. Es ist aber wahr, dass die Ukraine in den letzten Jahren medial ein bisschen vernachlässigt wurde. Es gab da ein gewisses Defizit.

Den westlichen Medien ist vorgeworfen worden, zu sehr auf Klitschko gesetzt zu haben.

Ja, er wurde prominent herausgestellt, er ist ja nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA populär. Aber wir haben schon berichtet, dass er auf dem Maidan selber nicht so die große Nummer war. Als er das von Außenminister Steinmeier ausgehandelte Abkommen unterzeichnet hat und später auf dem Maidan ausgebuht wurde, war das allerdings für alle überraschend.

Die Berichterstattung aus der Ukraine war – bis auf den Tag der Scharfschützen – für Journalisten relativ ungefährlich, verglichen zu Einsätzen in Syrien. Gibt es Richtlinien vom Sender, wie man sich in Krisengebieten verhält?

Das ist vor allem eine Sache der Erfahrung. Wir hatten nur Leute in der Ukraine und auf der Krim, die schon Einsätze in Afghanistan und im Irak hinter sich gebracht hatten. Wir haben natürlich alle Sicherheitstrainings absolviert und auch den Umgang mit Milizen und Militärs gelernt. Es liegt viel im Ermessen des Reporters, wir haben aber auch unbewaffnete Sicherheitskräfte bei uns. Es ist schon viel wert, wenn man weiß, wie man die Gefahr von Scharfschützen mindern kann.

Wie wichtig war für Sie Social Media?

Extrem wichtig, Twitter dabei viel mehr als Facebook. Die Leute vom Maidan haben extrem schnell und profesionell getwittert, die Russen übrigens auch. Man hat dadurch unheimlich schnell erfahren, wo etwas passieren könnte.

Sie können aber nicht wissen, ob diese Informationen stimmen.

Nein, aber man kann das schnell nachrecherchieren, und überwiegend haben die Informationen auch gestimmt. Ich würde sagen, dass Social Media in der Ukraine ähnlich wichtig war wie 2011 im arabischen Frühling.

Sie sehen Social Media als nützliches Hilfsmittel - nicht als Bedrohung der Sender?

Social Media wühlt natürlich die Medienwelt auf. Das ist eine Gefahr für das Modell eines internationalen Nachrichtensenders, wenn er sich nicht weiterentwickelt. Wir müssen halt unsere Trümpfe ausspielen, das ist unser Korrespondentennetz. Andererseits ist CNN auch ein riesiges Megaphon in der Twitterwelt.

 

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