Ein bayrischer Patriot

Er war der Vater des "Königlich bayerischen Amtsgerichts". Der Münchner Autor Georg Lohmeier ist gestorben
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Der Schriftssteller Georg Lohmeier.
dpa Der Schriftssteller Georg Lohmeier.

Dass weißblaues Blut in seinen Adern floss, war natürlich ein Gerücht. Georg Lohmeier war viel zu schlau, um sich in das übliche Bayern-Klischee pressen zu lassen. Jede Form von primitiver Tümelei war ihm zuwider. Aber ein bajuwarisches Original war er in jedem Fall, der vollsaftige Schriftsteller, Bühnenautor, Schauspieler, Regisseur, Historiker und Philosoph. Am frühen Dienstagmorgen ist er im Alter von 88 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. Das teilte seine Familie in München mit.

Georg Lohmeier hat sich in vielen Berufen betätigt. Die Bilanz: Insgesamt 153 Drehbücher hat er fürs Fernsehen geschrieben, 70 Mal hat er selbst Regie geführt. Zu seinem größten Erfolg wurde das „Königlich Bayerische Amtsgericht“, eine Serie, die es von 1968 bis 1972 allein auf 53 Folgen brachte. 40 Millionen Zuschauer begeisterten sich für die Moritaten aus der Welt der bayerischen Justiz. „Das Bier war noch dunkel, die Menschen war’n typisch, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger“, hieß es im Vorspann.

Im Mittelpunkt seiner Komödien standen immer kernige Typen, deftige Bauern, gerissene Advokaten, reiche Brauereibesitzer oder barocke Pfarrer. Der geistliche Stand hat es ihm besonders angetan. In der TV-Serie „Ora et labora“ (Bete und arbeite) mit Josef Meinrad schlüpfte er selbst in die Rolle von Sigismund von Schrattenbach, dem einstigen Fürstbischof von Salzburg und großen Förderer des jungen Mozart.

Ein weites Herz

Lohmeier wurde am 9. Juli 1926 als neuntes Kind eines Großbauern in Loh, das heute zu Dorfen (Kreis Erding) gehört, geboren. Der spätere Hang zu Bischöfen, Äbten und Landpfarrern hat einen ganz konkreten Grund: Lohmeier sollte nach dem Willen der Eltern Priester werden. In Freising studierte der Sohn eines Brauereibesitzers Theologie und Philosophie.

Kurz vor den niederen Weihen wurden die Zweifel am Zölibat übermächtig. „Der Zweifel war brünett“, erinnert sich der Poet. Er buchte um auf Germanistik und Theaterwissenschaft. Lohmeier schrieb eine Dissertation über Ludwig Thoma, ohne jemals den Doktor-Titel zu erhalten. Bald machte er sich einen Namen als volkstümlicher Theaterautor. Schließlich entdeckten ihn Funk und Fernsehen.

Dass er sich aber keineswegs nur als volkstümelnder Autor verstand, machten seine kulturpolitischen Studien deutlich. Auch mit bayerischen Barockpredigern beschäftigte er sich. Von der strengen Theologie hielt der verhinderte Priester wenig. „Sie ist eine Wissenschaft für Gottlose“, stellte er kategorisch fest. Er selbst hielt sich lieber an die barocke Theologie, die hat ein weites Herz.

Mir brauch ma koan Kini, aber scheener war’s scho

Wenn an bayerischen Stammtischen der Name Lohmeier fällt, kommt die Rede zwangsläufig sofort auf den Märchenkönig. Denn der engagierte Bayer war ein glühender Verehrer Ludwigs II. – viele seiner 31 Bücher zeugen davon. Er war aber noch mehr – ein leidenschaftlicher Anhänger der Monarchie. 22 Jahre lang kämpfte er beim Patriotentreffen in Gammelsdorf für die Wiedereinführung des bayerischen Königreichs. Dass nichts daraus wurde, schmerzte ihn schon. „Mir brauch ma koan Kini, aber scheener war’s scho“.

Sein Geburtsort ist das Dörfchen Loh im Landkreis Erding, ganz dicht an der Grenze zu Niederbayern, dessen Mentalität er besonders schätzte. Seine Schlitzohrigkeit, das Schalkhafte in seinen Augenwinkeln spricht für eine enge Seelenverwandtschaft zu dem kernigsten aller bayerischen Volksstämme.

Es gehörte zu der großen Begabung Georg Lohmeiers, dass er es immer wieder schaffte, die Grenzen zwischen heiterem Spaß und großer Ernsthaftigkeit im fließendem Übergang zu belassen. Dafür bekam er auch den Karl-Valentin-Orden.

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