"Die Leute wissen, dass Trump lügt - Es spielt keine Rolle"

Wie sollen Medien, Marken und Menschen mit Fake News umgehen? Eine muntere Debatte über Trump-Lügen, Facebook-Untertan - und Mazedonien.
Stephan Kabosch
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Moderator Hans Werner Kilz im Gespräch mit Kai Diekmann, Jörg Baberowski und Jens-Uwe Steffens (v.l.).
pilot/Magnus Lechner Moderator Hans Werner Kilz im Gespräch mit Kai Diekmann, Jörg Baberowski und Jens-Uwe Steffens (v.l.).

Wie sollen Medien, Marken und Menschen mit den digitalen Herausforderungen umgehen? Eine muntere Debatte über Trump-Lügen, Facebook-Untertanen - und Mazedonien-News.

München – Fake News, Chat Bots und ganz allgemein Kommunikation im digitalen Zeitalter. Es war eine ebenso illustre wie inhomogene Runde, die im Münchner "Museum of Urban and Contemporary Art" darüber diskutierte. Eingeladen dazu hatte die Media-Agentur Pilot. In der Business Lounge nahmen Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, der Historiker Jörg Baberowski von der Berliner Humboldt-Universität, Pilot-Geschäftsführer Jens-Uwe Steffens und als Moderator Hans Werner Kilz, ehemaliger Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, teil.

Diekmann, mittlerweile Berater beim Transportdienstleister Uber, stellte gleich zu Beginn klar, dass "das Internet nicht mehr weggeht." Überraschender war da schon sein Blick auf die drei reichweitenstärksten Fake News im vergangenen US-Wahlkampf: Der Papst würde Donald Trump unterstützen, Hillary Clinton Waffen an die IS-Terroristen verkaufen und – die krudeste aller Falschmeldungen – eine Pizzeria in Washington sei die Schaltzentrale eines Kinderpornorings, der von Frau Clinton angeführt werde. "Alle drei Fake News kamen aus Mazedonien“, wusste Diekmann zu berichten. Und: "Da steckten Menschen dahinter."

"Nachrichten müssen nicht für wahr, sondern für gut gehalten werden"

Menschen, die mit einer einzigen erfundenen Nachricht Millionen andere manipulieren können? Ganz so einfach ist es wohl nicht. So jedenfalls sieht es der Historiker Baberowski. "Sie können Menschen nicht mit irgend etwas manipulieren. Man glaubt nur solche Falschnachrichten, die sich in das eigene Lebensbild einfügen lassen." Es gebe immer auch ein Milieu, in dem Nachrichten nicht unbedingt für wahr gehalten werden müssen, "aber für gut befunden werden“.

Und auch Baberowski nahm Bezug auf Donald Trump. "Alle wissen, dass er lügt, aber es spielt überhaupt keine Rolle." Daraus wiederum dürfe man nicht den Schluss ziehen, dass die Trump-Wähler dumm seien. Es gefalle ihnen, dass der heutige Präsident eine Gegenöffentlichkeit aufgebaut hat zu den klassischen Medien. "Das ist das Geheimnis seines Erfolges."

Und wohl auch das Geheimnis der Marke "Donald Trump". Wie aber sollen Marken insgesamt umgehen mit den Herausforderungen des digitalen Zeitalters? Agentur-Chef Steffens sagte, dass das sogenannte "Brand Safety" immer wichtiger werde. Diese "Markensicherheit" bedeutet zum Beispiel, dass Werbeanzeigen nicht in einem unangemessenen textlichen Umfeld (etwa Darstellung von Gewalt oder Pornographie) erscheinen sollen. Und Steffens fügte noch einen weiteren Aspekt hinzu: "Marken müssen erkennen, was abseits von den gewünschten kommunizierten Themen im Social Web tatsächlich über sie verbreitet wurde." Das alles passiere immer unter einem immensen Zeitdruck.

Und dennoch: kein Platz für Kulturpessimismus

Journalisten, die ihr Meinungsmonopol verloren haben, Zeitungsauflagen, die nie mehr wachsen werden, Einnahmen, die man an Facebook und Google abtreten müsse – all das sind reale Fakten. Aber für die Diskussionsteilnehmer kein Grund für Kulturpessimismus. "Unsere Reichweite ist so groß wie nie zuvor in der Geschichte", sagte etwa Kai Diekmann. Über die digitalen Kanäle erreiche man heute die 14-Jährigen, die man früher nicht für die Zeitung begeistern konnte. Und so geriet der einstige Bild-Mann geradezu ins Schwärmen: "Die digitale Welt ist eine großartige Welt." In ihr ließen sich Geschichten spannender, besser, umfassender und schneller erzählen als auf Papier.

Etwas mulmig wurde dem erfahrenen Blattmacher und Silicon-Valley-Hospitanten dann offenbar bei der Vorstellung, dass die sozialen Netzwerke wie Facebook und Co "zwei Milliarden Untertanen" haben, mehr als irgendein Herrscher in der Geschichte. "Das ist problematisch", befand Diekmann. Eine Lösung scheint aber auch er nicht wirklich parat zu haben: "Wir wissen nicht, wohin uns die Entwicklung führen wird."

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