Der Vater der "Löwengrube" ist tot

Der Autor und Journalist stirbt  im Alter von 89 Jahren in München
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Willy Purucker und Christine Neubauer (1997)
BR Willy Purucker und Christine Neubauer (1997)

Der Autor und Journalisten stirbt  im Alter von 89 Jahren

Willy Purucker gehört zu jener Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu jung war, um bei den US-Besatzern in Nazi-Verdacht zu geraten und die man daher tollkühn drauflos experimentieren liess: Da kam so ein dynamischer Gedichte-Schreiber und Zeichner wie Purucker ohne dekorative Akademiker-Diplome als Journalisten zum Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess, beauftragt vom Feuilletonchef der „Neuen Zeitung“, Erich Kästner.

Ab 1947 war Purucker BR-Pionier bei „Radio München“. „Alles konnte man damals ausprobieren.“ Und das Erste, das er ausprobierte, war ein Knopf, auf den er drückte – nicht ahnend, dass er eine ganze Symphonie gelöscht hatte, dirigiert von Wilhelm Furtwängler.

„Man spricht immer von der Macht des Wissens. Nie aber darüber, wie gross auch die Macht der Unwissenheit sein kann“, sagte Purucker einmal der AZ. „Ich wusste, als ich anfing, so wenig von allem, dass ich tatsächlich glaubte, wirklich alles zu können. Hätte mich einer gefragt, ich hätte auch glatt die Regierung übernommen.“

Purucker erfand Serien und Reportagen. Er glänzte mit der Hörspiel-Serie „Die Grandauers und ihre Zeit“, aus der später die Verfilmung „Die Löwengrube“ hervorging. Teile der Familiengeschichte der Grandauers hat er am eigenen Leib erfahren. Der gebürtige Münchner stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Wie Rudi und Max Grandauer hat er bieder-konservative Eltern und das falsche Pathos der Hitlerjugend erlebt.

Die Generationen-Saga über die Grandauers wurde sein grösster Erfolg. Der Grimme-Preis in Gold, die Medaille „München leuchtet“ in Gold sind nur zwei seiner vielen Auszeichnungen. Purucker schrieb viel fürs TV, darunter drei „Tatort“-Folgen für Gustl Bayrhammer und das Drehbuch zum Vilsmaier-Film „Und keiner weint mir nach“ nach dem Roman von Sigi Sommer. Er war einer aus der Dinosaurier-Zunft der echten Drehbuchautoren, für die Sprache und Handlung noch eins sind und die ihre Figuren „aus dem richtigen Leben“ holen – mit Scharfblick für alle Metzger-Willys und Büchsel-Madamen, mit dem Ohr für die Sprach-Untertöne des Kleinbürgertum.

Der große Menschenbeobachter, Katzenfreund und Hobby-Bergsteiger starb bereits am Freitag an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein Werk aber ist fester Bestandteil der bayerischen Kulturgeschichte.

Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks,  schreibt zum Tod von Willy Purucker:

"Der Bayerische Rundfunk hat Willy Purucker viel zu verdanken. Seine unvergessenen Filme, Sendungen und Serien, die er als Autor und Regisseur für den BR geschaffen hat, waren und sind für viele von uns wie ein spannender Geschichtsunterricht. Mit der Hörspielserie "Die Grandauers und ihre Zeit" sowie der vielfach preisgekrönten Fernsehserie "Löwengrube", die für das Bayerische Fernsehen ein Höhepunkt war, hat er seiner Heimatstadt München ein Denkmal gesetzt. Bekannt für seine geschliffenen Dialoge und seine tiefe Verbundenheit zu Bayern hat er unser Programm geprägt und stets reicher gemacht."

 

 

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