ARD-Tatort "Spiel auf Zeit": Die AZ-Kritik

Die Charakterbilder der Stuttgarter Kommissare Lammert & Bootz (Richy Müller und Felix Klare) messen sich an den existenziellen Einbrüchen ihres Lebens: Die Zäsuren des Familienschicksals prägen ihre Reaktionen. Und so setzt der Tatortkrimi „Spiel auf Zeit“ (Holger Karsten Schmidt, Regie: Roland Suso Richter, ARD/SWR) bei der Psycho-Atmosphäre an, bei den Kontrasten von jäher Aggressivität und professioneller Besonnenheit.
Dem Bootz verschlägt es die Sprache, als ihm die Frau davonläuft – und Lannert muss die Informationen eines Waffenschiebers, den er in den Knast gebracht hat, richtig einordnen in die Ankündigung eines minutiös geplanten Verbrechens. In dieser Nervenanspannung entwickelt sich ein Denksport-Preisrätsel logischer Kombinationen, eingeklammert in das rabiate Actiongetöse eines Brutalthrillers.
Ein kompliziertes Strickmustern überfrachtet mit vielen Versuchsanordnungen und Wenn-und-aber-Übungen – abstrakte Planspiele, die nur in den leiseren, wortkargen Szenen an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn „der große Coup“ mit der dramatischen kriminellen Energie ins Private schrumpft und der Wertekanon des TV-Kommissars auf den Prüfstand kommt. Das gab es ja selten seit der uralten schwäbischen Bürgermoral des anarchischen Stuttgarter Kommissar-Dinosauriers Bienzle. Hightech-Brutalphilosophie mit viel Schießerei-Ballast.