Annette Frier: "Ich habe oft Angst, was ich selbst von mir denke"
Am Montagabend startet Annette Frier (51) mit einer ungewöhnlichen Serie in Sat.1: In "Frier und Fünfzig - Am Ende meiner Tage" verkörpert sie Annette Frier - eine nicht mehr ganz so gefragte Schauspielerin in den Wechseljahren. Als wäre dieses Hormonchaos nicht schon genug, betrügt sie ihr Ehemann und ihre Tochter ist schwanger. Neben ihrer Schwester Caroline Frier (42) hat Frier weitere prominente Gäste wie Barbara Schöneberger, Anna Schudt oder Cordula Stratmann an Bord, natürlich allesamt als sie selbst. Auch Henning Baum taucht auf - als ihr "Guilty Pleasure", wie sie im Interview mit spot on news schmunzelnd erklärt. Die achtteilige Comedy läuft ab 24. November montags um 22:15 Uhr (auch auf Joyn).
Im Gespräch spricht Annette Frier ohne Beschönigung darüber, wie sie selbst in die Wechseljahre "reingerattert" ist und wie die Lebensphase inklusive Schlaflosigkeit, Schmerzen und emotionaler Überforderung sie verändert hat. Außerdem erzählt sie von den Dreharbeiten mit ihrer Schwester, bei denen es schon mal "unhöflich und unprofessionell" zugehen kann und verrät, wieso ihr Mann sie nicht für eine Jüngere verlassen kann.
Wie muss man es sich vorstellen, eine Serie lang sich selbst zu spielen?
Annette Frier: Erstaunlich. Ich war selbst überrascht, was wir da so alles erzählen. Annette Frier, die eine Schauspielerin spielt, die Annette Frier heißt. Diese Meta-Ebenen haben mir gleich Spaß gemacht. Und ich bin ein Freund davon, von Dingen zu erzählen, von denen man etwas versteht - beim Thema "Frier und Wechseljahre" kenne ich mich so gut aus wie niemand sonst.
Gibt es etwas, was von Ihnen selbst noch nicht in der Serie steckt?
Frier: Allerdings. Wir plotten gerade Staffel zwei. Das war nur der Auftakt, da ist noch einiges zu erzählen.
Haben Sie Bedenken, dass etwas aus der Serie auf die echte Annette Frier übertragen wird?
Frier: Meine Maskenbildnerin hat mich gefragt: "Annette, aber was, wenn die Leute denken, dass dein Mann dir wirklich fremdgeht?" Da habe ich gesagt: "Tja. Dann kann ich es wohl auch nicht ändern." Für meinen Mann tut es mir ein bisschen leid. Der kann ja jetzt nicht allen Ernstes wirklich eine Affäre mit einer jungen Frau anfangen? Deswegen habe ich das alles übrigens gemacht - geht einfach nicht. Das würde der jetzt nicht mehr kommuniziert kriegen.
Apropos Männer: Sie haben die Serie quasi aus Ihrem Telefonbuch besetzt. Wieso fiel aus allen Männern die Wahl auf Henning Baum als Ihr Guilty Pleasure?
Frier: Als ich hörte, dass Henning wieder "Der letzte Bulle" spielt, habe ich ihn sofort angerufen und gesagt: "Du musst bei mir mitspielen. Das geht ja gar nicht anders!" Und dann haben wir sehr gelacht. Weil der Sendeplatz eine Reunion ist: Wie früher "Letzter Bulle" und "Danni Lowinski". Das war dann irgendwie so naheliegend. Außerdem ist Henning toll. Ich mag ihn super gerne und schätze ihn sehr. Guilty Pleasure halt.
Und wie war es mit Ihrer Schwester als Ihre Schwester am Set?
Frier: Da müssen Sie vielleicht mal das Team fragen. Die haben nur noch mit den Köpfen geschüttelt. Heiko, unser Tonangler, hat immer gesagt: "Gott sei Dank habe ich Schweigepflicht". Noch so ein Geschenk, das mit dieser Serie gekommen ist. Ich wusste, wenn Caro und ich Schwestern spielen, bietet diese Dynamik viel Potenzial. Aber dass das so gut funktioniert, war mir nicht klar. Irgendwann habe ich gemerkt: Wir sind ja wirklich Schwestern, wir müssen gar nichts spielen. Egal, was wir spielen, wir bleiben Schwestern.
Sind da auch Dissonanzen entstanden?
Frier: Ab und zu, ja. Unter Kollegen ist man ja in erster Linie professionell und höflich - bei Caro bin ich dann auch mal unhöflich und unprofessionell. So wie man in der Familie halt miteinander redet. Dann habe ich sie einmal abends angerufen und gesagt: "Hör mal, ich glaube, ich war blöd heute." Und sie hat gesagt: "Ja, das glaube ich auch."
In der Serie heißt es an einer Stelle, dass Sie als Schauspielerin erwartbar sind. Wie erwartbar finden Sie sich selbst?
Frier: Als Schauspielerin würde ich mir wirklich manchmal wünschen, dass mich da ein bisschen mehr Fantasie im Gegenüber anschaut. Weil ich ja durchaus bereit bin, mal auszureißen. Aber man ist in der Regel mit einem Prototypen versehen. Dabei wollen die Mörderinnen immer Komödiantinnen sein und umgekehrt. Fragst du eine Künstlerin, was sie machen will, wird sie dir stets das sagen, was sie gerade nicht macht. Ich mag die Hybris, die uns Schauspielern oft passiert: Wir alle meinen, wir können alles spielen - "Sag mir nur, bis wann!" Mir ist das Korsett manchmal wirklich zu eng und die Schuhe zu klein. Dann denke ich: Ernsthaft jetzt? Ich soll wieder eine romantische Komödie spielen? Wieder die vernünftige Frau unter Irren? Also das nervt auch.
Mit dem Thema Wechseljahre haben Sie sich aber mal was anderes ausgesucht.
Frier: Das Interessante ist, dass das Thema jetzt in unserer Gesellschaft voll angekommen ist, ein regelrechter Hype. Vor zwei Jahren, als wir die Serie angeboten haben, war das noch nicht so. Und noch früher gab es fast gar keine Forschung zu Frauengesundheit. Jetzt wissen wir: Das weibliche Herz funktioniert tatsächlich ganz anders und braucht ganz andere Medikation als ein Männerherz. Der Hormonhaushalt einer Frau hat nichts mit dem eines Mannes zu tun. Die Studien sind aber alle männlich geprägt. Frauenärztinnen haben die Wechseljahre in ihrem Studium gar nicht als Thema behandelt. Unglaublich!
Haben Sie vor Ihren eigenen überhaupt über die Wechseljahre nachgedacht?
Frier: Nein, gar nicht. Ich bin da richtig reingerattert, wie in die meisten Dinge.
Und wie war diese Phase für Sie?
Frier: Viel Denken. Schlaflosigkeit. Gelenkschmerzen. Was ist denn los mit mir? Wieso bin ich plötzlich so kompliziert? Wieso muss ich meinen Mann, meine Kinder noch mal auf Thema XY ansprechen? In der Lebensphase davor war mir wichtig, dass alles gut funktioniert. Und mir nichts, dir nichts verabschiedet sich das, ist nicht mehr so wichtig. Das ist erst mal total anstrengend, unangenehm und nervt. Irgendwann muss man einsehen, dass es nicht weggeht und sich damit auseinandersetzen. Und dann wird es langsam besser. Wird nicht alles geil und ist auch nicht alles Gold, nur weil es Wechseljahre sind. Aber manchmal kann man jetzt beispielsweise Sachen auf die Menopause schieben. Auch super. Ich war immer vergesslich, aber jetzt sind es die Wechseljahre.
Hat sich durch das Hinterfragen am Ende etwas in Ihrem Leben verändert?
Frier: Ja, meine engen Beziehungen habe ich verändert. Ich habe auch Freundschaften gelöst, in denen ich mich nicht mehr wohlgefühlt habe.
Wie schwer tun Sie sich mit dem Älterwerden?
Frier: Älterwerden ist nichts für Feiglinge, um meine Mutter zu zitieren. Im Leben ist man oft mal ein bisschen feige. Und ich sowieso. Ich habe weder Lust noch Kraft, immer mutig zu sein. Wenn du durch diese Lebensphase gut durchkommen willst, ist Feigheit aber kein guter Ratgeber. Viele sagen: "Ich habe Angst, was die Leute von mir denken." Ich hingegen habe oft Angst, was ich selbst von mir denke. Nicht so schlecht, denn dann kann ich ja nachforschen, was da drunter liegt. Manchmal komme ich da nicht zu guten Ergebnissen, ist aber auch okay. Sich nicht zu verändern, ist für mich die absolute Horrorvorstellung. Menschen sind so gefangen und eingeengt in ihren Strukturen, dass sie sich immer weniger trauen, auch anders zu sein. Das ist fatal. Und da ist dieser Lebensabschnitt eine gute Möglichkeit, mal zu hinterfragen: Wer bin ich denn jetzt? Ich war so lange schon die eine. Vielleicht bin ich ja noch mal jemand ganz anders.
Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Agentur spot on news. Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de
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