Zweimal Silber in der Hosentasche
Umterhaching - Choi-Sun Park und seine Familie haben extra ihre Reise durch Europa unterbrochen. Zwischen dem Besuch beim Schloss Neuschwanstein und einem Kurztip zum Ulmer Münster ist die vierköpfige Familie aus Südkorea am Samstag nach Unterhaching gekommen. In die Generali-Sportarena. Zum Empfang des mittlerweile bekanntesten Hachinger Sportlers Marcel Nguyen.
Mit dem Gewinn seiner beiden Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen ist der Kunstturner zu einem Star aufgestiegen, in Deutschland, vor allem aber auch in Asien. „Wir wollten ihn unbedingt sehen, er ist eine Attraktion”, sagt Choi-Sun Park. Ein weiteres Indiz für die gestiegene Popularität von Marcel Nguyen in Fernost, ist die Tatsache, dass er beispielweise ein Einkaufszentrum in Hongkong eröffnen soll.
An diesem Samstag ist Hongkong aber noch weit entfernt. Geografisch wie zeitlich. Rund 250 Zuschauer sind gekommen, um „ihren Marcel” in Empfang zu nehmen. Darunter viele Mädchen im Teenageralter, für die Nguyen der neue Schwarm ist und eine ganze Reihe älterer Damen. Vorne dran die Frauen von der Gymnastik-Gruppe des TSV Unterhaching, alle mit einer Rose in der Hand, die der 24-Jährige später schüchtern entgegennimmt.
Überhaupt scheint Marcel Nguyen überwältigt, von dem, was da in seiner Heimat, bei seinem Verein so alles passiert. Extra für ihn spielt die örtliche Blaskapelle den Spielmannsgruß. Fast jeder, der etwas zu sagen hat, kommt auch zu Wort, reiht einen Glückwunsch an den nächsten und sagt: „Marcel, wir sind stolz auf dich!”
Wolfgang Panzer, der Bürgermeister von Unterhaching, hat die prachtvolle Kette der Gemeinde über seinen Anzug gelegt und referiert darüber, wie am Ortseingang jetzt eine Tafel mit dem Namen des berühmtesten Sohns von Haching aufgestellt wurde. Nebendran steht der Hochgelobte in kurzer Hose und tief ausgeschnittenem T-Shirt. Fast so, als sei er eben vom Strand gekommen. In seinem Ausschnitt prangt das Tattoo mit der Aufschrift „Pain is temporary - Pride is forever” (Schmerz geht vorbei - Stolz bleibt für immer).
Mächtig stolz ist Richard Hörle schon lange. Der erste Trainer von Marcel Nguyen beim TSV Unterhaching ist an diesem Samstag natürlich auch da, hat seinen einstigen Schützling als einer der ersten entdeckt und nimmt ihn sehnsüchtig in den Arm. „Ich habe ihn jetzt seit zwei Monaten nicht mehr gesehen”, sagt Hörle, der findet, dass sich Nguyen in der jüngeren Vergangenheit durchaus verändert hat: „Er ist freier geworden, war früher deutlich schüchterner.”
Beim Empfang in der Hachinger Sportarena wirkt Nguyen manchmal noch wie der kleine Junge von früher. Schüchtern zieht er die beiden Silbermedaillen aus der linken Hosentasche und nimmt Geschenke entgegen. Seine Mutter Hedy steht nicht weit entfernt, die Autogrammkarten ihres Sohnes hat sie in der Handtasche. Marcel Nguyen selbst nimmt den Rummel gelassen hin. „Ich muss mich hier ja nicht groß anstrengen. Auch wenn das alles schon noch etwas ungewohnt für mich ist.” Fans aus Südkorea hat man schließlich nicht alle Tage.
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