Zukunft des deutschen Handballs: Plan B ohne Brand?

KRISTIANSTAD - Nach dem Desaster gegen Frankreich gerät auch der Bundestrainer unter Druck. Wie geht es weiter im deutschen Handball?
War es Mittwochnacht laut im Grand Hotel in Kristianstad? „Weiß ich nicht, ich habe jedenfalls nichts gehört, weil da zehn Wände zwischen waren", sagt Horst Bredemeier, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes und Delegationsleiter der Nationalmannschaft bei der 22. WM in Schweden. Dabei hatte doch Michael Kraus (HSV) nach der historischen 23:30-Schlappe gegen Frankreich eine Therapie angekündigt, die man vielleicht in Selbsthilfegruppen, aber nicht im Profihandball vermutet. „Wir müssen jetzt mal ein Bier trinken und uns anschreien", hatte Kraus gesagt.
Doch auch Bredemeier räumt ein, dass die Lage des deutschen Handballs nach dem katastrophalen Auftritt gegen den Olympiasieger eine besondere ist. „Ich habe erstmals in meinen neun Jahren als Vizepräsident eine kleine Ansprache an die Mannschaft gehalten", berichtet der Ex-Nationaltrainer. „Und natürlich hat auch der Bundestrainer klare Worte gefunden."
Der kopflose Zustand der Mannschaft hatte alle schockiert. Selbst die Spieler konnten kaum glauben, dass jegliche Struktur abhanden gekommen war. Man wisse nicht, was der andere macht, hatte Spielmacher Michael Haaß erklärt. Dennoch hält Bredemeier nichts davon, schon jetzt das Fallbeil herauszuholen und über mögliche personelle Konsequenzen zu diskutieren. „Wir stecken immer noch mitten im Turnier, da werden wir jetzt sicher nicht über den Trainer diskutieren", hatte er vor dem 36:26-Sieg im letzten Vorrundenspiel gegen Tunesien gesagt. „Wir haben die richtige Reaktion gezeigt, wir hatten heute wieder Spaß am Handball“, meinte der Kieler Dominik Klein danach. Dennoch startet Deutschland mit der Hypothek von 0:4-Punkten in die Runde der letzten Zwölf.
Vizepräsident Bredemeier glaubt nicht, dass Bundestrainer Brand seinen bis Januar 2013 laufenden Vertrag nicht erfüllt: „Das kann ich mir nicht vorstellen, der Trainer erreicht auch die Mannschaft. Wir reden hier alle ganz offen miteinander." Ein Szenario nach einem Brand-Rücktritt sei daher nicht entworfen. „Einen Plan B gibt es nicht." Es geht nur noch um Schadensbegrenzung. Will man die tiefste Krise seit 1996 vermeiden, als die DHB-Auswahl die WM-Qualifikation verpasste, muss unbedingt Platz Sieben her.
Erik Eggers