Yoga? Männersache!
Obwohl schon längst von Spitzensportlern entdeckt, eilt Yoga immer noch der Ruf der Frauenangelegenheit voraus. Der AZ-Reporter macht den Test bei DFB-Yogi Patrick Broome
Fühlt, wie die Energie durch euren Körper fließt", sagt Patrick Broome und hilft mir nebenbei, meinen Rumpf anzuheben. Meine Füße und Hände sind auf dem Boden, ich versuche, meinen Bauch so weit wie möglich nach oben zu strecken. Die Wirbelsäule ist gleichmäßig gebeugt, so dass ein Bogen entsteht. Das "Urdhva Dhanurasana", auch Rad genannt, ist eine der Rückbeugen des Jivamukti-Yoga, das Broome in München praktiziert. Er hat ein eigenes Studio in Schwabing, aber diesmal gibt der Yogalehrer im Lululemon im Glockenbachviertel kostenlos Yoga für Alle – und ich bin mittendrin.
Mit gemischten Erwartungen gehe ich zum Studio. Ich war selbst noch nie beim Yoga, habe von ein paar Freundinnen gehört. Ich habe mich auch soweit eingelesen, um die Basics zu kennen und zu wissen, dass es im Profi-Sport mittlerweile öfter praktiziert wird und auch keine "Frauensache" mehr ist.
Im Studio angekommen schnappe mir eine schwarze Matte und ziehe Schuhe und Socken aus. Barfuß spüre man die Energieströme besser, erklärt Broome. In einer Gruppe von 20 Leuten absolviere ich nun dieselben Übungsformen, die der Yogi auch mit Spielern des FC Bayern und der Nationalmannschaft und Bundestrainer Jogi Löw macht. Der Yogi vom Jogi lässt uns in den 60 Minuten erst einmal leichte Positionen zum aufwärmen praktizieren, nebenbei läuft entspannende Musik im Hintergrund, nicht so laut, um störend zu sein.
Los geht es mit dem Sonnengruß, der Hitze erzeugen und die Konzentration auf die Atmung lenken soll. Was für die Herren Lahm, Schweinsteiger und Co. nach dem Spiel zur Entspannung dient, treibt mir erst einmal den Schweiß heraus. Die aktivierenden Übungen im Stand sind durchaus anstrengend und anspruchsvoll. Der Yogi schafft es aber, dass jeder in dem bunt gemischten Kurs aus Anfängern und Fortgeschrittenen alle Übungen ohne Probleme ausführen kann. "Beugt euch nur soweit, wie es ohne die allergrößte Mühe geht", sagt Broome, weist die Teilnehmer bei kleinen Fehlhaltungen auf die richtige Ausführung hin und erinnert ans "einatmen, ausatmen".
Nach den energetisierenden Standübungen folgen entschleunigende Bewegungsfolgen, wie der Drehsitz oder der Vorwärtsbeuge im Sitzen. Ich versuche, es mir bei den anderen Teilnehmern abzuschauen: Die Beine sind gestreckt, die Fußspitzen werden angezogen, der Kopf wird auf den Knien abgelegt. Ich bin beeindruckt, wie weit sich viele der Frauen vorbeugen können, schaffe es selbst nicht mal ansatzweise so weit und muss die Beine anwinkeln.
A propos Frauenanteil: Trotz des noch weit verbreiteten Vorurteils, Yoga sei nur etwas für das weibliche Geschlecht, ist ein Drittel der Teilnehmer männlich. Sogar ein paar junge Männer von der Bundeswehr sind dabei.
Zum Abschluss der Stunde werden die Bewegungsformen einfacher, entspannender und passiver. Bei der Totenentspannung, der "Shavasana", liegt man auf dem Rücken, Arme und Beine sind etwas vom Körper entfernt. Broomes Worte begleiten mich: "Spürt, wie ihr auf dem Boden geerdet seid, versucht, die Zehen und Füße zu entspannen, die Hüften, das Gesicht."
Zur spirituellen Bedeutung sagt Broome später: "Für Yoga ist kein Glaube notwendig, nur der Wunsch, etwas zu erfahren." Die letzte Übung: Ich drehe mich nach rechts, ziehe die Beine an den Körper, in die Embryo-Haltung. "Genießt die Entspannung", sagt Broome, und tatsächlich: Ich denke an nichts, fühle mich leicht und vergesse alles um mich herum. Ein paar Minuten der Entspannung später sind wir am Ende angelangt. Ich stehe auf, ziehe mich an und fühle ich mich wohl. Eines ist klar: Yoga ist sehr wohl Männersache.
Info: Die kostenlosen Kurse finden jeden Donnerstag (9-10 Uhr) mit Patrick Broome und jeden Samstag (10-11 Uhr) mit wechselnder Besetzung im Lululemon (Holzstraße 30) statt. Matten und Hilfsmittel sind vorhanden.
Zuhause gibt es die Übungen auf dem Smartphone: Die Yoga-App "Yoga für alle - Patrick Broome". 2,69 Euro.