"Wir dachten an 200 Leute"

AZ: Herr Hourmont, ein in Cardiff geborener Waliser, in England aufgewachsen, ist also Organisator eines der weltweit wichtigsten Snowboard-Events. Konnten Sie als Kind überhaupt Skifahren?
ANDREW HOURMONT: Wir waren immer sehr viel unterwegs, oft in Innsbruck. Ich hab' schon richtig Skifahren gelernt, also nicht auf den englischen „dry slopes”. Und mit dem Rennlauf hat es auch nicht mehr lange gedauert. Ich war mit 14 schon im A-Kader, hab' mir da zum ersten Mal das Bein zerschossen: Schien- und Wadenbeinbruch. Meine Knie sind 14 Mal operiert.
Wie kamen Sie zum Snowboarden?
Nach den Verletzungen hab' ich mit dem Fotografieren begonnen. Irgendwann 1986 hab' ich auf der Axamer Lizum einen gewissen Martin Freinademetz (einer der ersten erfolgreichen Snowboarder Ende der 80er Jahre, Anm. d. Red.) getroffen, der mich blöd angemacht hat: „Was machst'n mit die blöden Skifahrer? Was wuist'n mit dene Wappler? Die können doch alle nix. Schieß halt mal ein paar Fotos mit uns gescheiten Snowboardern!'
Sind Sie selbst gefahren?
Ja. Aber dieser Freinademetz, ein wirklich sehr guter Snowboarder, wollte Rennen fahren. Und da ich als Ex-Skirennläufer rennafin war, haben wir ein Team zusammen gestellt: es ist das „Burton Austria Team" geworden, mit sechs Leuten. Da hab' ich trainiert, gemanagt, fotografiert, fit gemacht, geschaut, dass sie ihre Karrieren weiter bringen, nichts mehr trinken und rauchen. Ich war wohl der erste Snowboardtrainer.
Wie kam es 1994 zum ersten Air & Style?
Ich war damals noch Fotograf und wollte mit Freinademetz ein Filmprojekt machen. Dazu wollten wir auf dem Innsbrucker Landhausplatz von einer Rampe aus so einen kleinen "high jump" machen, wo die Fahrer über eine Slalomstange springen. Wir haben aber keine Genehmigung bekommen - das war der größte Gefallen, den mir die Politik tun konnte. Dann hieß es: 'Geht's ins Eisstadion oder ins Berg-Isel-Stadion! Hauptsache an den Berg, wir wollen so was nicht in der Stadt!'
Dann ging's in’s Berg-Isel-Stadion.
Dort war „high jump" nicht geeignet, da musste man was Größeres machen. Die Idee zum „straight jump" kam vom Fotografieren, also wie beim Sprung über eine Wächte, der natürlichste Sprung überhaupt. Der erste Event war an einem Montag. 16 Teilnehmer.
Wie war der Rahmen? Gab es schon Musik?
Nein, das war alles völlig unorganisiert, unprofessionell. Wir haben gedacht, da kommen 200, 300 Leute, nur die Freunde aus der Szene. Wir hatten keine Werbung gemacht - und dann kamen 5000! Das war der Anfang von Air & Style.
Wie ging's weiter?
Nach diesem Abend war uns klar: Das kommt an. Da muss es eine Neu-Auflage geben. Das zweite Mal war auch noch ohne Bands, da haben wir uns noch nicht viel gedacht, hatten aber schon einen Wochenend-Termin durchgesetzt. Ein paar Tage vorher war eine Snowboardveranstaltung mit einigen Szenegrößen in Südtirol, da sind wir hin und haben denen gesagt, dass in Innsbruck auch was ist: 'Kommt's vorbei? Okay, schau ma uns den Blödsinn mal an.' So was geht heute auch nicht mehr. Beim zweiten Event hatten wir auch nur einen Monat Vorbereitung, aber da kamen schon 10.000 Leute. Da wussten wir: Jetzt muss man's professionell angehen.
Der Rest ist Snowboard-Geschichte.
1995 war die erste professionelle Veranstaltung, mit Bands und 25.000 Leuten. Und jetzt waren wir im Dezember mit Shaun White in einem Stadion in Peking, haben dort einen Fünf-Jahres-Vertrag - und vielleicht kommt im nächsten Jahr noch die ein oder andere Stadt dazu. Und die nächste Veranstaltung in China wird wahrscheinlich im „Vogelnest" stattfinden.