"Werth ist die stärkste Reiterin, die wir haben“

AZ: Frau Salzgeber, wie haben Sie die Leistungen der deutschen Dressur-Reiter in Rio erlebt?
ULLA SALZGEBER: Dazu kann ich Ihnen leider nicht ganz so viel erzählen.
Wieso? Als Olympiasiegerin haben Sie doch sicher die Bewerbe angeschaut?
Ich war viel unterwegs, hatte viel Besuch – und auch viel im Stall zu tun. Aber die Medaillenentscheidungen habe ich natürlich mitbekommen. Ganz begeistert war ich von dem Grand Prix, von Sönke Rothenberger mit Cosmo. Was der Junge da fertiggebracht hat: genial. In dem Alter, vor der Kulisse, mit so einem jungen Pferd – das war wirklich: Hut ab! Cosmo ist erst neun Jahre alt und Sönke erst 21: unglaublich! Von diesen beiden ist noch viel zu erwarten.
Mit Gold, Silber und Bronze haben die deutschen Dressurreiter die Erwartungen voll erfüllt – im Gegensatz zu vielen anderen Sportverbänden.
Ich glaube, dass wir noch nie ein so kompaktes und starkes Team hatten. Es gab immer mal ein paar Ausnahmepferde, die dann ihre Prozente bringen mussten. Aber dieses Jahr war von der Leistungsdichte der Pferde unglaublich. Und das sind ja junge Pferde! Da waren keine Oldies dabei. Werths Weihegold war mit elf schon einer der Ältesten. Eine beeindruckende Bandbreite.
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Da geht Ihnen das Reiter-Herz auf, oder?
Aber wirklich. Wenn man sieht, wie die Dorothee Schneider mit Showtime das Spezial geritten ist! Sie hatte ein bisschen Pech in der Rechts-Pirouette, aber ansonsten war das auch so ein Ritt, wo man sagt: wow! Abartig genial, einfach gut.
Nicht zu vergessen Isabell Werth mit ihrer schon zehnten Olympia-Medaille...
Die hat natürlich auch Glück mit ihrer Mäzenin Madeleine Winter-Schulze im Hintergrund. Da ist immer wieder für neues Material gesorgt. Unsereins muss sich das halt selber erarbeiten. Aber Isabell ist natürlich die stärkste Reiterin, die wir haben. Die ist einfach gut, da gibt’s nix dran zu rütteln. Sie hatte Pech mit ihrer guten Stute, die ausfiel. Ich kann das gut nachvollziehen, wie das ist, wenn man plötzlich ohne sein bestes Pferd da steht. Da ist man erst mal ganz schön fertig. Aber was sie mit Weihegold noch fertiggebracht hat, ist schon wirklich toll.
Sie sprachen von jungen Pferden. Werden die bis zu den Spielen 2020 noch besser?
Korrekt, die werden erst so ab zwölf so richtig gut. Die kommen nun in das Alter, wo alles gesetzt ist. Die sind jetzt schon bei 80 bis 85 Prozent – ich bin mal gespannt, was in vier Jahren so aufgerufen wird. Es sind ja sogar 100 Prozent möglich.
Deutsche Reiter sind schon traditionell erfolgreich. Sind wir eine Reiter-Nation?
Immer schon gewesen. Durch die Führung, die wir in Deutschland haben, wird sehr viel für junge Reiter getan, was man an Sönke Rothenberger sieht. Auch was die Pferde angeht, ist unheimlich viel Material da. Wir haben einfach gute Pferde, die schonend und gut ausgebildet werden. Das macht den deutschen Erfolg aus: die Pferde in Ruhe reifen zu lassen.
Reiten Sie noch oft?
Ich gebe Unterricht auf einem Gestüt in Blonhofen bei Landsberg. Und ich bin ganz stolz: Ich habe einen Achtjährigen, der ist schon Nummer 300 in der Welt.
Ihr Sohn?
Nein, ein Pferd namens Simon. Ich habe eine Tochter, aber die reitet leider nicht.