Wer wird Präsident? Showdown in Riem
Der Kampf um das Präsidentenamt: Von Boetticher fordert Noch-Boss Norbert Poth heraus. Die AZ stellt die Kontrahenten vor
MÜNCHEN - Theaterstadl, Possenspiel, Streithansel-Komödie – über die Bewertung der letzten Mitgliederversammlung des Münchner Rennvereins (MRV) im September 2011 waren sich alle einig. Nun wird in Riem gespannt auf den zweiten Akt am Dienstagabend gewartet. „Wenn wieder eine solche Wirtschaftsatmosphäre aufkommen sollte, werde ich die Versammlung schließen“, kündigt MRV-Präsident Norbert Poth (72) allerdings vorzeitig an.
Diesmal geht es jedoch allein um seine Person: Mit den Unterschriften von 33 Mitgliedern hat die Opposition Neuwahlen erzwungen, „aus Neid und Missgunst“, glaubt Poth. Er habe sich trotz der finanziellen Schieflage „nichts vorzuwerfen“. Dem Kassenprüfer Hermann Bauer Hermann Bauer fällt hingegen Einiges ein: „Herr Poth hat es fertig gebracht, in seiner Amtszeit seit April 2010 fast 1,2 Millionen Euro zu verblasen. Er wollte uns Mitglieder mundtot machen. Der Rennverein braucht ein neues Gesicht.“
Das neue Gesicht, das sich um das Spitzenamt bewirbt, ist eigentlich ein altes: Dietrich von Boetticher (69), der sich laut Bauer nur mit Mühe zur Kandidatur überreden ließ, ist Poths Vor-Vorgänger. Die AZ stellt die beiden Kandidaten vor: Persönlichkeit: Boettichers Familiengeschichte und Lebenslauf sind romanfüllend. Im Zweiten Weltkrieg aus dem Baltikum geflohen hat er sich als Anwalt, Verleger und Pferdebesitzer (Gestüt Ammerland) großes Ansehen – und ein Millionenvermögen – erarbeitet. „Von Boetticher ist ein Mensch, der ungern die Zügel aus der Hand gibt“, weiß Poth über seinen Kontrahenten.
Doch auch Poth gilt als Macher – der dabei keinen Konflikt scheut. Der Unternehmer machte sich einige Feinde, indem er in Riem nach seiner Wahl langjährige Mitarbeiter vertrieb, unter anderem Geschäftsführer Kurt Zwingmann (65). Der könnte bei Poths Abwahl wiederum Nachfolger seines Nachfolgers Rudolfo Oster werden. Oster: „Ich reiße mich sicher nicht um diesen Posten.“ Ihr Verhältnis: Wohl noch nie so schlecht wie jetzt.
Zollte Boetticher bei der letzten Versammlung Poth noch „meine Anerkennung für Ihr Engagement“, zeigte er ihn wenig später bei der Staatsanwaltschaft wegen Veruntreuung von Vereinsvermögen an. „Als ich das hörte, konnte ich es kaum glauben“, sagt Poth schwer enttäuscht. Schon früher herrschte Eiszeit zwischen den beiden Rivalen. Als Boetticher MRV-Präsident war, nannte Poth dessen Vorstand „einen Haufen Bankrotteure“ – darauf konterte Boetticher: „Es genügt nicht, sich an die Champagnerbar zu stellen und dann so zu tun, als ob man etwas von Pferden verstünde.“
Ziele: Für beide gilt: Das Überleben des Rennvereins sichern. Der MRV ist derzeit nur wegen eines zinslosen Darlehens in Höhe von 300 000 Euro von Ex-Präsident Wolfgang Wille noch nicht zahlungsunfähig, das Geld reicht bis maximal Ende Juni. Auch über die Notwendigkeit des Verkaufs des 40 Hektar großen Trainingsgeländes herrscht Einigkeit: Nur so können dringende Investitionen in das teilweise marode Gelände getätigt werden.
Der Unterschied: Während Poth den schnellen Verkauf vorantreiben will, bevorzugt Boetticher eine Zwischenfinanzierung durch ihm verbundene Banken. Fazit: Die Versammlung am Dienstag verspricht große Spannung – und eine Weichenstellung für die Zukunft des MRV. Vieles spricht für Poths Abwahl, doch entscheidend wird, ob das Konzept der Opposition überzeugen kann. Diesmal sind sicher keine langatmigen Diskussionen gefragt – sondern Lösungen.
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