"Wenn ich zu wenig tue, bin ich unausstehlich"

Biathlon-Ikone Magdalena Neuner über ihren neuen Fernseh-Job, die Hamburger Olympia-Chancen, das Leben als Mama und über Yoga, Pilates und ihr deutlich reduziertes Fitnessprogramm.
von  Thomas Becker
Beginnt ihren neuen Job als TV-Expertin in neuem Look: Magdalena Neuner trägt jetzt Brille.
Beginnt ihren neuen Job als TV-Expertin in neuem Look: Magdalena Neuner trägt jetzt Brille. © Mein Winter, mein Sport/ho

AZ: Frau Neuner, kommendes Wochenende muss ihre 16 Monate alte Tochter Verena ohne Sie auskommen – weil Sie für die ARD den Auftakt des Biathlon-Weltcups kommentieren. Wie oft werden Sie in diesem Winter zur „Rabenmutter“?

MAGDALENA NEUNER: Drei Mal: Östersund, Schalke und Presque Isle, USA. Da sind wir Samstagabends um Viertel nach Acht auf Sendung – das tut dem Biathlon-Sport schon gut. Da schauen vielleicht mal ganz andere Leute zu.

Warum nur drei Weltcups?

Ich wollte gar nicht mehr machen – und Kati Wilhelm wollte nicht alle Weltcups machen, weil sie zwei Kinder hat und ein Café, das sehr gut läuft. Wir sind vom Typ her sehr unterschiedlich: Kati analysiert sehr gut, ich bin etwas emotionaler.

Gab’s ein TV-Training?

Dieses Angebot habe ich nicht bekommen. Ich glaube aber, dass die Leute mich mögen, weil ich bin wie ich bin.

Nehmen Sie Ihre Tochter mit?

Nein, die bleibt bei den Omas und beim Papa, der als Zimmerer jetzt im Winter daheim ist. Vater und Tochter: Die können gut miteinander. Da kann ich guten Gewissens wegfahren. Für mich wird am schwierigsten: der Trennungsschmerz!

Apropos Schmerz: Werden Sie wehmütig, wenn Sie an all die Adrenalin-Momente Ihrer Karriere denken?

Diese Gefühle werden bestimmt in Östersund hochkommen. Ich weiß noch genau, wie welche Kurve geht, wie der Anstieg sich anfühlt. Aber Wehmut ist das nicht, im Gegenteil. Eher so: ‘Hey, das war richtig cool!’ Das wird auch nie weg gehen. Wir sind so gebaut, dass wir uns an Gefühle erinnern können. Ich könnte mir all meine Medaillen anschauen, mache ich aber nicht, weil mein jetziges Leben auch super ist.

Wie sieht Ihr Fitnessprogramm aus?

Ich gebe zu: Das könnte mehr sein. Ich versuche, einmal in der Woche zum Pilates-Training zu gehen, habe abends Yoga gemacht – die Prioritäten haben sich halt verschoben. Aber ich Freude mich sehr auf den Winter: Die Langlauf-Ski sind schon hergerichtet, der Schlitten für die Kleine auch. Wenn ich zu wenig tue, bin ich einfach unausstehlich.

Neuerdings tragen Sie Brille!

Man wird halt nicht jünger (lacht). Dadurch erkennen mich die Leute auf der Straße nicht mehr so oft. Aber das ist auch früher nicht so oft passiert. Gestern sagte eine Frau: ‘Wir haben Sie erkannt, aber erst, nachdem Sie zu reden angefangen haben.’

Wie wird nun die Biathlon-Saison aus deutscher Sicht?

Derzeit laufen gerade die Qualifikationen für die Teams. Bei den Frauen war Karolin Horchler vorn, Miriam Gössner war mit bester Laufleistung Dritte. Bei den Männern ist Simon Schempp souverän. An den kommt im Moment keiner ran. Ich glaube, dass das Team da anknüpfen kann, wo es in der vergangenen Saison aufgehört hat. Ich bin superoptimistisch.

Thema Olympia: Die Hamburger stimmen am 29. November über eine Bewerbung für die Spiele 2024 ab. Wie schätzen Sie die Stimmung ein?

Ich habe ein besseres Gefühl als bei der Münchner Abstimmung über 2018. Die Hamburger sind eigentlich sehr positiv auf Olympia eingestellt. Es wäre schön für Deutschland, eine Bereicherung.

Wie wohl fühlen Sie sich derzeit bei Großveranstaltungen angesichts der aktuellen Lage?

Ein mulmiges Gefühl. Man macht sich Gedanken. Ich denke schon: ‘Biathlon auf Schalke? Hm...’ Wir müssen aber trotzdem weitermachen. Wenn wir uns nicht mehr raus trauen und an nichts mehr Freude haben, haben die Terroristen ihr Ziel erreicht. Das darf man sich nicht nehmen lassen. Aber es macht einem schon Angst.

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