Weißbier für Onkel Tommy

Im zehnten Anlauf gewinnt Tommy Haas erstmals die BMW Open – der mittlerweile 14. Turniersieg. Philipp Kohlschreiber hat beim 6:3, 7:6 im Finale keine echte Chance: „Er hat fehlerlos gespielt”
von  Thomas Becker

MÜNCHEN Das Endspiel der BMW Open bescherte dem kleinen Moritz ein Dilemma. Beim Kleinfeld-Tennis auf der Anlage des MTTC Iphitos erzählt der Neffe von Tommy Haas nach den Halbfinals: „Ich bin fünf. Und ich werd mal Tennisspieler. So gut wie der Kohli.” Und warum nicht so gut wie Onkel Tommy? „Nee”, meint Moritz, „so gut werd ich nicht.” Klein-Moritz hat die Verhältnisse richtig eingeschätzt: Sein Onkel gewann das Finale gegen Philipp Kohlschreiber glatt in zwei Sätzen, 6:3, 7:6. Sein 14.Turniersieg seit der Premiere gegen einen gewissen Jim Courier vor 14 Jahren.


Als Kohlschreibers letzte Rückhand nach 82 Minuten im Netz landete, machte sich Tommy Haas lang, ließ sich nach hinten rollen, streckte Arme und Beine weit von sich, um gleich darauf Schweißband und Kappe ins Publikum zu schleudern. Endlich geschafft! Zehn Mal in den vergangenen 13 Jahren hatte er versucht, das Turnier in seiner alten Heimat zu gewinnen, im Jahr 2000 im Finale gegen Franco Squillari verloren. Der Turniersieg war einfach fällig – und die Erleichterung danach groß: „Was ich jetzt ganz dringend machen will, ist meine kleine Tochter in den Arm nehmen” – sprach's, lief zur Tribüne, wo ihm die zweieinhalbjährige Valentina gereicht wurde, die er quer über den Platz trug, in die Arme seiner Verlobten Sara. Hollywood lässt grüßen.


„Dieser Sieg bedeutet mir sehr viel”, sagte Haas später, „ich kann es eigentlich kaum in Worte fassen. Ein unglaublich geiles Gefühl.” In Richtung Titelverteidiger meinte er: „Kohli wird mir wegen des Cabrios nicht böse sein. Er hat ja schon zwei in der Garage stehen." Der Unterlegene gab brav zurück: „Tommy hat fehlerlos gespielt, ein perfektes Match. Er fährt ja auch gerne Auto und wird einen guten Job darin machen.” Das ließ sich Haas nicht zwei Mal sagen und drehte mit dem noblen Flitzer auf dem Center Court gleich mal eine Ehrenrunde.


„Ich habe mich eigentlich gut gefühlt, nur die Spritzigkeit war nicht ganz so da, wie ich es mir gewünscht hätte.”, sagte Kohlschreiber. Kein Wunder: Im Halbfinale hatte er am Tag zuvor den sensationell aufspielenden Daniel Brands mit Müh und Not erst im Tie-Break des dritten Satzes niedergehalten, während Haas den Kroaten Dodig recht glatt besiegte. So kam es am Aumeisterweg zum ersten rein deutschen ATP-Finale seit 1965, als Iphitos-Mitglied Christian Kuhnke Ingo Buding bezwang. 2:2 hieß die Bilanz zwischen Haas und Kohlschreiber vor dem Duell, das auch wegen des letztjährigen Davis-Cup-Zwists nicht ohne Brisanz war.


Am Montag geht es schon zum nächsten Turnier, nach Madrid. Gefeiert wird trotzdem: „Ordentlich Weißbier gibt's heute aber schon”, sagte Haas.

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