Was machen Sie mit den Millionen, Herr Ziffzer?

780.000 Euro aus dem Fernseh- und Prämientopf, dazu 700.000 Euro aus den Stadioneinnahmen: Das Pokal-Derby gegen Bayern spült viel Geld in die Kassen der Löwen. 1860-Chef Stefan Ziffzer über unverhoffte Einnahmen und schüchterne Transferpolitik.
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Vereinsmeierei ist nicht mehr gefragt : Geschäftsführer Stefan Ziffzer.
az Vereinsmeierei ist nicht mehr gefragt : Geschäftsführer Stefan Ziffzer.

780.000 Euro aus dem Fernseh- und Prämientopf, dazu 700.000 Euro aus den Stadioneinnahmen: Das Pokal-Derby gegen Bayern spült viel Geld in die Kassen der Löwen. 1860-Chef Stefan Ziffzer über unverhoffte Einnahmen und schüchterne Transferpolitik.

AZ: Glückwunsch, Herr Ziffzer, zu so viel Geld! Im Pokal bekommt 1860 für das Viertelfinale gegen den FC Bayern rund 780000 Euro aus dem Fernseh- und Prämientopf. Dazu kommen geschätzte 700000 Euro aus den Stadioneinnahmen: Die Allianz Arena wird ausverkauft sein. Und dann stehen da noch 1,2 Millionen Euro ins Haus vom FC Bayern, dem die Löwen ihre Option auf den Rückkauf ihrer Arena-Anteile veräußern. Ist 1860 jetzt reich?

Nein, unsere Fans sind unser Reichtum – und auch der Kader. Wir sind mehr als stolz, dass dieser Kader jetzt schon für die nächste Saison steht, wesentliche Teile sogar bis 2010. Wir sind aber nicht reich, im Sinne von: „Die Löwen haben Geld.“

Aber was machen Sie mit den neuen Millionen?

Die ungeplanten Einnahmen sind toll und bringen uns im geplanten Verlust deutlich nach unten. Wenn keine großen negativen Überraschungen auftauchen, dann werden wir einen Verlust von weniger als einer Million Euro machen. Gemessen an 3,7 Millionen, die zunächst kalkuliert waren, ist das ein Riesenschritt nach vorne. Das heißt aber immer noch nicht, dass wir Geld übrig hätten.

Nicht mal für einen Stürmer? In Göktan, Schroth und di Salvo sind drei offensive Leistungsträger dauerverletzt. Der Angriff schwächelt. Mancher Fan hätte sich mehr Risiko gewünscht – und einen neuen Stürmer in der Winterpause.

Wir bleiben bei unserer Linie. Was hätten wir tun sollen? Nach dem Viertelfinal-Einzug von Aachen war es ohnehin zu spät. Sie können leider mit keinem Spieler vereinbaren, dass er doch bitte bis zum 31. Januar (da endete die Transferperiode, d. Red.) warten soll für den Fall, dass wir in Aachen gewinnen. Da kriegt man keinen guten Spieler. Wir hatten einen in der Winterpause im Visier, über den haben wir nachgedacht und für den wir auch alle Anstrengungen unternommen hätten. Der Spieler ist gewechselt, aber leider nicht zu uns.

Ob das die Fans tröstet?

Vom Fan kann ich keine Geduld erwarten, das ist klar. Aber viel wichtiger ist: Wir brauchen nicht mehr schlecht schlafen, wir brauchen im Augenblick keine akute Existenzangst mehr haben, wie es bis vor einem halben Jahr noch der Fall war. Insofern ist das eine dramatische Verbesserung. Und die wird nicht wahrgenommen, dann heißt’s schnell: „Was machen die da oben auf der Geschäftsstelle, bohren die nur in der Nase?“ Wenn wir die Lizenz beantragen, muss sichergestellt sein, dass wir maximal so viel ausgeben, wie wir einnehmen, weil sonst die Liquidität nicht gesichert ist.

Bleibt der Erfolg aus, bleiben irgendwann auch die Fans weg. Weniger Fans bedeutet wiederum: weniger Einnahmen. Spart sich 1860 womöglich kaputt?

Nein, schauen Sie: Ich habe gehört, dass ein Verein einem Spieler für ein halbes Jahr 400000 Euro bezahlt. Das sind in unserer Situation ungefähr 40000 zusätzliche Eintrittskarten. Das wären bis zum Saisonende 6000 Zuschauer pro Spiel zusätzlich. Aber was ist, wenn der Spieler X nicht den Unterschied macht zwischen Platz sechs und Aufstiegsplatz drei? Wenn er sich das Außenband reißt? Alles auf eine Karte setzen, Harakiri – das gibt’s nicht mehr bei 1860. Ich kann nur Geld riskieren, wenn ich etwas habe. Und wir haben immer noch kein Geld übrig.

Bei keinem anderen Bundesligaklub verteilt sich das Budget so ungleich wie bei 1860. Von 24,2 Millionen Euro Gesamtetat gehen nur 6,5 Millionen in die Lizenzspielerabteilung.

Das ist in der Tat mehr als ungesund, dass wir für das Stadion mehr ausgeben als für die Mannschaft. Das ist krank. Das ist aber ein Faktor, den wir leider geerbt haben. Nächstes Jahr wird die Belastung, wenn wir nicht aufsteigen, um zwei Millionen niedriger. Deshalb ist es umso wichtiger, dass unsere Fans weiter in Scharen kommen.

Noch mehr aber sehnen Sie einen potenten Geldgeber herbei, oder?

Wenn es Menschen gibt, die das lesen oder hören und die ein Herz für junge Leute haben und auch spüren, was da los ist in dieser Stadt, weil Bayern gegen Sechzig im Pokal spielt – dann sollen sie sich melden bei uns. Bayern ist sehr erfolgreich, aber emotionsarm. Wir bieten Emotionen und sind jung. Ich kann nur appellieren: Kommt zu uns! Es gibt viele Firmen in München, zu denen Blau wunderbar passen würde. Wir können auch zu einem Imagegewinn dieser Firmen beitragen.

Wie?

Wir haben einen Franken im Tor (Michael Hofmann, d. Red.), auf der rechten Außenbahn mit Fabian Johnson einen Münchner, Benny Schwarz, ebenfalls ein junger Münchner, spielte gegen Augsburg links. Die Benders kommen aus der Region, Gebhart ist gebürtiger Memminger und Daniel Bierofka ein waschechter Münchner. Das sind sieben Originale. Da würd’ ich mich Freude, wenn einer mit Geld kommt und sagt: „Dieses Konzept gefällt mir.“

Interview: Oliver Griss

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