Vor 50 Jahren: Eiskunstläufer Schnelldorfer holt Gold

Bei den Olympischen Spielen 1964 in Innsbruck gewann der Münchner Manfred Schnelldorfer die Goldmedaille im Eiskunstlauf.
Wolfgang Uhrig |
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1964 auf dem Eis in Innsbruck erfolgreich: Manfred Schnelldorfer.
dpa 1964 auf dem Eis in Innsbruck erfolgreich: Manfred Schnelldorfer.

MÜNCHEN Wenn man sich in diesen Tagen vor Olympia in Sotschi über Eiskunstlaufen unterhält, dann schwebt die Geschichte über den Köpfen wie ein schöner Luftballon. Platzen lassen könnte man ihn, durch Nachfragen, das aber will man erst einmal niemand. Es geht um goldene Zeiten, gelebte Träume, um Romantik, um Legenden des deutschen Sports. Wie Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler. Oder auch um Manfred Schnelldorfer. Am 6. Februar 1964 wurde der Münchner Olympiasieger in Innsbruck

Treffpunkt in seiner Wohnung in der Innenstadt. Im Hintergrund gedämpfte Musik, Opern-Melodien aus „Nabucco“, „Madame Butterfly“ oder „Tosca“. Und aus „Carmen“, das Vorspiel zum ersten Akt. Nach knapp zwei Minuten Melodie bricht Schnelldorfer plötzlich das Gespräch ab, mitten im Satz fährt er wie von der Tarantel gestochen hoch aus dem Sessel und ruft Freude erregt in den Raum: „Achtung, jetzt kommt er – der Axel !“

Schnelldorfer ist nicht mehr mittendrin, aber noch immer voll dabei. Auf den Tag genau 50 Jahre liegt es zurück, dass er zu „Carmen“ seine Kür lief mit dem buchstäblichem Höhepunkt, einem Flug-Axel. So wurde er in Innsbruck Olympiasieger 1964, als bislang einziger Deutscher im Sololauf. Und nur vier Wochen später krönte der lange Schlacks dieses historische Ereignis in Dortmund mit dem WM-Titel.

Manfred Schnelldorfer ist 71 Jahre alt. Das angegraute Haar be-ginnt sich zu lichten, mit seinen 1,88 Metern Körpergröße und den 92 Kilo auf der Waage hat er zuletzt stark abgenommen, nur vier Kilo mehr als zu seiner Axel-Springer-Zeit. Dabei war er einmal auf dem Weg zu einer barocken Erscheinung. Ein Dutzend an Kilos hat er in den letzten Monaten an Gewicht verloren: „Durch weniger essen, kaum Alkohol.“

Eine, die ihm eine Freundin fürs Leben wurde, ist Marika Kilius. "Übrigens weiß heute kaum jemand, dass ich 1958 erste Wahl war für Marika bei der Partnersuche. Alles schien klar, doch dann scheiterte das Paar Kilius/Schnelldorfer an meinen Eltern. Sie ließen mich nicht von München nach Garmisch ziehen, in die Paarlaufzentrale von Erich Zeller,“ erinnert sich Schnelldorfer. So kam dann für ihn Hans-Jürgen Bäumler an ihre Seite.

Die Eltern Karl und Elenore Schnelldorfer waren auch seine Trainer. Und daran hat Manfred wenig gute Erinnerungen. Sie müssen ihm eine Menge Saures gegeben haben, um aus dem einzigen Kind das zu machen, was es geworden ist. „Wenn es nicht rund lief, kriegte ich eine Backpfeife und Fleischentzug,“ klagt Schnelldorfer. War er erkältet, was beim Üben im offenen Münchner Prinzregentenstadion fast schon zur Tagesordnung gehörte, befahl seine überaus ehr-geizige Mutter: „Verschärftes Training ! Nur so schwitzen wir es wieder raus.“

Der Erfolg heiligte die Mittel: Im zarten Alter von zwölf Jahren (!) wurde Knirps Manfred im Berliner Sportpalast zum ersten Mal deutscher Meister. Den Titel trug er kurzzeitig sogar schon mit elf – wegen eines Rechenfehler war ihm dieser jedoch wieder wegge-nommen worden. Die Karriere ging ab wie ein Zäpfchen, so glatt wie die folgenden Jahre auf Eis aber verlief das richtige Leben nicht immer.

Und so stehen in Schnelldorfers Vita nach der Karriere in der Reihenfolge ein abgebrochenes Architekturstudium, Gastrollen in der Eisrevue, Auftritte im Film und in der Schlagerbranche, Privattrainer und Bundestrainer im Eislaufen, Manager in einem Freizeitpark, Besitzer und Geschäftsführer eines Sportfachhandels. Heute arbeitet Schnelldorfer als Fotograf. Privat waren zwei Ehen mit einem Sohn (48) und einer Tochter (46) nicht von Dauer.

Zum Strahlen verhalf ihm eigentlich nur der Glanz seiner Medaillen. „Bei meinen Eltern habe ich Nestwärme vermisst,“ klagt Manfred Schnelldorfer beim Blick zurück, „Nestwärme, die ich später woanders gesucht habe, leider immer wieder vergeblich.“ In den letzten Jahren hat er diese Nestwärme endlich gefunden, bei Dorette Sass, seiner Partnerin fürs Leben.

 

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