Vettel Weltmeister? Klar!

Nach seinem Triumph von Shanghai feiern die Experten Sebastian Vettel. Formel-1-Boss Ecclestone: „Er ist besser als Hamilton“
SHANGHAI Langsam geht nicht. Sebastian Vettel hat nie gelernt, sich Zeit zu lassen. Immer musste alles ganz schnell gehen bei der neuen deutschen Formel-1-Hoffnung. Mit drei Jahren im Kart, die erste Meisterschaft mit sieben, Meister der Formel BMW mit 17, sein erstes Rennen in der Formel1 inklusive des ersten Punktes mit 19. Gerade 21 geworden folgt der erste Sieg in Monza 2008. Der jüngste Siegfahrer in der Geschichte. Am Sonntag nun, weniger als ein halbes Jahr später, der Respekt einflößend souveräne zweite Sieg in Shanghai.
Und Ende des Jahres? „Selbstverständlich kann er Weltmeister werden“, sagt Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger. 2007 holte Berger, damals noch Mitbesitzer des Red-Bull-Tochterteams Toro Rosso, den hochtalentierten Heppenheimer von BMW. Unter Berger reifte Vettel zum Siegfahrer, und unter Vettel reiften die zwei bis dahin im Mittelfeld herumdümpelnden Rennställe des Dosenmilliardärs Didi Mateschitz – Toro Rosso und Red Bull – zu Spitzenteams. „Der Red Bull scheint momentan das Auto mit den größten Reserven im Feld“, sagt Berger, „der liegt nahe am Brawn-Mercedes.“ Und das ganz ohne Doppeldiffusor. Berger: „Wenn die den Diffusor dranbauen, ist Sebastian nicht mehr zu schlagen.“
Red-Bull-Designer Adrian Newey hat ein schnelles Auto konstruiert, doch erst Vettel war es, der dem österreichisch-britischen Rennstall das Siegen beibrachte. Davon ist etwa Michael Schumacher überzeugt. „Wenn du so einen Motivator im Team hast wie Sebastian, dann geht alles einfacher“, sagt der Rekord-Weltmeister, der Vettel seit dessen Anfängen auf der Kerpener Kartbahn kennt – und für seinen legitimen Nachfolger hält.
„Sie haben den gleichen unbedingten Willen, immer gewinnen zu müssen“, sagt Gerd Noack, der beide entdeckt hat. Doch in einem unterscheiden sich Vettel und Schumacher. Während der ältere auch abseits der Strecke stets unnahbar und konzentriert wirkte, gibt sich Vettel abseits der Strecke locker. „Du weißt, dass du es mit jemand Besonderem zu tun hast, wenn er kurz vor dem wichtigsten Rennen seines Lebens noch Witze reißt. Es ist schwer, so einen Kerl nicht zu mögen“, schrieb nun der britische „Daily Telegraph“. Und Big-Boss Bernie Ecclestone sagt: „Lewis Hamilton ist super, aber Vettel... Ich denke, er ist noch besser.“
Und lustiger: Vettel spricht keine druckreifen PR-Sätze, er redet einfach darauf los. Etwa über seine Glücksbringer im Auto. In Shanghai versteckte er in beiden Schuhen je eine Münze. Sein Auto taufte er „Kate's dirty sister“. „Mein erstes Auto in dieser Saison hieß Kate, leider zerstörte ich es in Australien bei meiner Kollision mit Kubica. Das neue Auto ist Kates dreckige Schwester, weil es noch schneller und aggressiver ist“, erklärte Vettel der "Bild". Auch wenn das mit den Frauennamen für Boliden bei britischen Teams Tradition hat, in Momenten wie diesen merkt man, dass Vettel doch noch ein halbes Kind ist,
F. Cataldo, P. Hesseler