Vettel! Vonn! Kober?

Schulterklopfen und Bewunderung – aber kein Sponsor. Paralympics-Siegerin Birgit Kober trainiert wie eine Profi-Sportlerin, aber lebt von Hartz IV. Eine Sponsoring-Absage hat sie ziemlich hart getroffen.
Julian Galinski |
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Schulterklopfen und Bewunderung – aber kein Sponsor. Paralympics-Siegerin Birgit Kober trainiert wie eine Profi-Sportlerin, aber lebt von Hartz IV. Eine Sponsoring-Absage hat sie ziemlich hart getroffen

MÜNCHEN Absagen bei Sponsoring-Anfragen ist Birgit Kober gewohnt. Sie ist zweifache Paralympics-Siegerin mit Speer und Kugel, Münchens Sportlerin des Jahres und bekommt bald den bayerischen Sportpreis verliehen. Aber Kober sitzt eben im Rollstuhl, das ist schwierig zu vermarkten.


Kober weiß das, deswegen schüttelt sie ein „Nein” für gewöhnlich ab, trainiert weiter wie eine Profisportlerin und lebt derweil sogar von Hartz IV. Eine Absage allerdings hat die 41-jährige wütend und traurig gemacht. Sie stammt vom Getränke-Riesen Red Bull, eine Bekannte hatte für Kober eine Anfrage gestellt. „Leider müssen wir sie enttäuschen”, schreibt die Pressestelle des Unternehmes und zählt dann Red-Bull-Sportler wie Sebastian Vettel und Lindsey Vonn auf: „Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie zeichnen sich durch eine besondere Persönlichkeit aus – mit Ecken und Kanten haben sie Spaß am und im Leben – und sie gehören mittlerweile zu den besten Athleten der Welt.”


Sätze, die die Münchnerin ziemlich getroffen haben: „Das klingt schon überheblich”, sagt Kober. „Habe ich keine Persönlichkeit, keine Ecken und Kanten, hab ich keinen Spaß am Leben und bin nicht eine der besten Athletinnen dieser Welt?”


Kober sitzt aufgrund eines Behandlungsfehlers im Rollstuhl, eine Überdosis Medikamente ist Schuld. „Der Sport hat mir ein neues Leben gegeben”, hat sie immer betont. Mittlerweile trainiert sie 35 Stunden in der Woche, das muss sie auch, wenn sie an der Weltspitze bleiben will. Sie hält die Weltrekorde in ihren Disziplinen, in London hat sie vergangenes Jahr die Konkurrenz deklassiert. Kober wird von Firmen für Reden engagiert, ist jüngst Botschafterin des Roten Kreuzes geworden. Weil sie unerschütterlich optimistisch ist, weil man gerne inspirierende Geschichten wie ihre hört. Von Menschen, die sich von den schlimmsten Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lassen, am Ende sogar für ihr Land Medaillen gewinnen.


Dann gibt es viele Schulterklopfer, viel Bewunderung, oft auch eine Karte mit Kontaktdaten, wenn es um das Thema Sponsoring geht. „Melden Sie sich doch, heißt es dann”, sagt Kober. Den weiteren Ablauf kennt sie schon: „Wenn ich mich dann tatsächlich melde, kommt oft keine Antwort mehr oder das Sponsoring-Konzept hat sich geändert.” Sogar die Agentur, die ihr eigentlich helfen wollte, Geldgeber zu finden, „hat sich nicht mehr gerührt”. Dabei geht es bei ihr nicht um tausende, sondern wenige hundert Euro pro Monat. Nicht um Luxus, sondern um Kleidung und Trainingsgeräte. Deswegen gibt es Momente, in denen Kober die Zuversicht verlässt, doch noch einen Hauptsponsor zu finden, endlich nicht mehr auf Hartz IV angewiesen zu sein. „Es wird sich nicht mehr viel auftun”, sagt sie dann.


Und erinnert sich selbst wenige Minuten später wieder daran, dass es sie doch gibt, die kleinen und doch lebensnotwendige Erfolge. Ein Unternehmen und ein Privatmann bezahlen ihr einen Rollstuhl-Segway: Kobers elektrischen Auto-Ersatz, mit dem sie endlich mobil ist, bei Hitze und bei Schnee. Sie wird ihn in schwarz-rot-gold lackieren lassen. 

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