Vettel ist Weltmeister: Der Jüngste darf weinen!

ABU DHABI - Sebastian Vettel mit 23 erstmals Weltmeister in der Formel 1 – das hat nicht mal Schumi geschafft. Beim souveränen Sieg in Abu Dhabi verwies er Alonso auf Platz 7. „Danke, Jungs! Ich liebe euch!“
Um 15.45 Uhr nahm Sebastian Vettel die Hände vom Steuer und hielt sie vors Gesicht. Ein kurzer Schrei des Glücks, dann flossen die Tränen der Freude. Mehr noch: Vettel weinte hemmungslos, noch ehe er aus dem Auto stieg. „Unfassbar“, schluchzte er, „Ich bin’s! Ich bin’s!“
Sebastian Vettel ist Weltmeister. Mit 23 Jahren der jüngste der Formel-1-Geschichte. Das hat nicht mal Rekordweltmeister Michael Schumacher geschafft. Und der Jüngste darf ruhig weinen. Tat er auch nochmal: bei der Siegerehrung, bei der Deutschlandhymne. Hemmungslos.
Es war ein historisches Rennen, dieser letzte Saisonlauf in Abu Dhabi. Während seine Konkurrenten Fernando Alonso und Mark Webber auf den Plätzen sieben und acht landeten, fuhr der Heppenheimer im Red Bull einen souveränen Start-Ziel-Sieg ein. Der Punktestand nach 19 Rennen: Vettel 256, Alonso 252.
Das Formel-1-Finale der vergangenen hatte Heerscharen von Promis in die Wüste gelockt: von Windsurf-Legende Robbie Naish bis zum spanischen König Juan Carlos.
Der Auftakt zum Thriller von Abu Dhabi geriet spektakulär: Während Vettel von der Pole Position aus seine Führung verteidigen konnte, verlor Ferrari-Pilot Alonso in der ersten Runde einen Platz auf Vettel. Ein paar Meter weiter hinten, rumpelte es gewaltig: Michael Schumacher drehte sich, blieb in Gegenrichtung auf der Fahrbahn stehen, Vitantonio Liuzzi konnte ihm nicht mehr ausweichen und rauschte Schumacher voll in die Seite: Aus in Runde eins.
Schumacher: „Das war nicht ohne. Ich habe mich nicht unbedingt wohl gefühlt in meiner Haut, bin einfach zu hart ans Gas gegangen und habe dann das Auto verloren.“
Vorne wechselten die WM-Führenden Alonso und Mark Webber recht früh auf neue, harte Reifen, aber Vettel und Hamilton fuhren mit dem weicheren Material weiter. Das hatte zur Folge, dass Alonso und Webber sehr viel Mühe hatten, die im Mittelfeld platzierten Akteure zu überholen. Derweil konnte Vettel vorne ungestört seinen Vorsprung ausbauen – und ohne gröberes Verkehrsaufkommen auf die neuen Reifen zu wechseln.
Viele Nerven- und Materialstrapazierende Runden hing Alonso hinter dem Russen Witali Alexandrowitsch Petrow fest. Der 26-Jährige aus Wyborg an der finnischen Grenze fährt seine erste Formel-1-Saison, und das tat er in Abu Dhabi dermaßen gut, dass der hinter ihm festhängende Spanier sich die Zähne ausbiss. „Benütze dein Talent!“, funkten ihm seine Helfer aus der Box auf den Kopfhörer, „wir wissen, wie groß es ist.“
Das einzige, was größer wurde von Runde zu Runde, war der Frust Alonsos. Ein paar Mal kam er von der Ideallinie ab - und einfach nicht an Petrow vorbei, der sich mit seinem Husarenritt gute Argumente für eine Vertragsverlängerung verschaffte.
Sebastian Vettel aber dachte erstmal an seine Crew. „Unglaublich!“, funkte er in die Box. „Danke Jungs! Ich liebe euch!“
Thomas Becker