Verdächtige Schönheit
Caroline Wozniacki, einzige Europäerin bei der Tennis-WM, ist das neue Glamour-Girl der Szene. Nun fiel sie durch Manipulations-Vorwürfe auf.
DOHA Als Caroline Wozniacki im Blitzlichtgewitter ins prunkvolle Museum für Islamische Kunst in Doha schritt, sah es aus, als würde sie das jeden Tag machen: Über rote Teppiche laufen, elegante Abendgarderobe präsentieren, den Kameras ein Zahnpasta-Lächeln schenken. „Ich habe keine Angst, in der Öffentlichkeit zu stehen“, sagt die Dänin, die in Katar in dieser Woche erstmals bei einer Tennis-WM startet – mit 19 als jüngste Teilnehmerin im achtköpfigen Feld, als einzige Westeuropäerin, als neues Glamour Girl der Branche.
„Sie wird sich dauerhaft in der Weltspitze behaupten“, sagt US-Tennislegende Billie Jean King über die Blondine, die 2009 bis auf Platz vier der Weltrangliste kam. Zuletzt jedoch stand sie aus anderen Gründen im Brennpunkt. Als Wozniacki in der vergangenen Woche ihr Erstrundenspiel beim WTA-Wettbewerb in Luxemburg später als nötig und später als gut aufgab, setzte sich in rasender Geschwindigkeit die Skandalisierungs-Maschinerie in Gang. „Schöne Dänin unter Manipulationsverdacht“ stand in den Zeitungen. Oder: „Ist Starlet Caroline eine Betrügerin?“ Oder auch: „Können diese Augen lügen?“ Dabei handelte es sich im Fall Wozniacki eher um eine grobe Nachlässigkeit, einen Fauxpas. „Die Leute, die uns verdächtigen, müssen uns offenbar für total dumm halten“, sagt die Teenagerin, „wir haben niemals irgendwas mit Wetten zu tun gehabt.“
Passiert war dies: Beim Stand von 5:5 im ersten Satz des Erstrundenspiels gegen Lokalmatadorin Anne Kremer verletzte sich Wozniacki am Fuß. Sie wurde behandelt, spielte aber weiter. Sie gewann den ersten Satz, lag im zweiten Satz 3:0 in Führung. „Ich spürte die Verletzung und dachte auch schon: Ein weiteres Spiel hier, das schaffst du nicht.“ Beim Stand von 3:0 eilte nun Vater Piotr Wozniacki zur Pausenbank. Er war vorher wie alle Coaches verkabelt worden, damit die TV-Zuschauer die Pausengespräche mithören können. Zu seiner Tochter sagte er, es habe keinen Sinn mehr weiterzuspielen, da die Verletzung noch schlimmer werden könne. Sie solle aber noch ein, zwei Spiele weitermachen, um die Leute zu unterhalten.
Hätte das Gespann Wozniacki etwas mit Wettbetrug zu tun, wäre das die sehr öffentliche und sehr dämliche Anstiftung zum Betrug gewesen. „Wir wussten, dass die Mikrofone das übertrugen, aber dass das für irgendwelche Wetten genutzt würde, war uns überhaupt nicht bewusst“, sagt die 19-Jährige.
Nach zwei fatalen Spielen zuviel, die Wozniacki zu allem Überdruss auch noch bis zum 5:0 gewann, war der Schlamassel da: Eine bizarre Spielaufgabe bei 7:5 und 5:0-Führung, zwischendurch plötzlich hohe Wetteinsätze auf den Sieg von Anne Kremer.
Die WTA ermittelt unter den neuen Anti-Korruptionsregeln gegen Wozniacki, ihr droht eine Geldbuße – als Mahnung, an „Unterhaltungselemente“ wie in Luxemburg erst gar nicht mehr zu denken. „Das ist alles so furchtbar unglücklich gelaufen“, sagt Wozniacki nun, „ich wollte nur, dass die Leute am nächsten Tag ein Spiel zu sehen bekommen, mit Anne Kremer aus Luxemburg. Hätte ich selbst das Spiel gewonnen, hätte ich danach nicht mehr weitermachen können.“
Die Nervenstärke, das Ballyhoo wegzustecken, hat Wozniacki. Sie beschwört nun in Doha, „dass da nichts Böses passiert ist“. Im Titelkampf der großen Acht will sie energisch mitmischen: „Ich bin hier sicher noch für Überraschungen gut.“ Überraschungen frei von jeglichem Verdacht.
Jörg Allmeroth
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