Udes Vorbild: Vancouver

Die AZ traf den OB bei seinem Olympia-Gastspiel und sprach mit ihm über die Eröffnungsfeier, die Herzlichkeit der Gastgeber sowie Münchens Bewerbung für 2018 – und deren Gegner.
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"Sehr beendruckend": Münchens Oberbürgermeister Christian Ude über die Eröffnungsfeier in Vancouver.
dpa "Sehr beendruckend": Münchens Oberbürgermeister Christian Ude über die Eröffnungsfeier in Vancouver.

Die AZ traf den OB bei seinem Olympia-Gastspiel und sprach mit ihm über die Eröffnungsfeier, die Herzlichkeit der Gastgeber sowie Münchens Bewerbung für 2018 – und deren Gegner.

AZ: Herr Ude, hat's Ihnen gefallen auf der Eröffnungsfeier?

CHRISTIAN UDE: Ja, ich fand’s sehr beeindruckend. Ich habe zwei Eröffnungsfeiern bisher miterlebt, bei den Sommerspielen von Athen und Peking, die ja in einer enorm gigantischen Art und Weise zelebriert wurden. Diese hier war kleiner, ist aber keineswegs abgefallen.

Auch wenn der Tod des georgischen Rodlers die Zeremonie natürlich überschattete.

Den Umgang mit dieser Tragödie empfand ich aber sehr würdig. Dass sie ihm und seiner Familie die Feier widmeten, dass nichts verdrängt und unter den Teppich gekehrt wurde, und es dennoch keinen Stimungsbruch gab, unter dem die Feier gelitten hätte. Auch wie sie es geschafft haben, das Volumen dieses riesigen Hallenstadions zu füllen, mit pfiffigen Tricks und Projektionen: sehr bemerkenswert.

Deswegen werden Sie aber nicht das Münchner Olympiastadion überdachen lassen, für die Eröffnungsfeier 2018.

Nein, sicher nicht, auch wenn der Gedanke schon reizvoll ist. Das hat man 1972 versäumt, die Gegengerade zu überdachen. Ansonsten denken natürlich auch wir nach, wie wir so eine Feier gestalten könnten. Die Feier hier und auch die bei der Fußball-WM 2006 sind gute Vorbilder, wie man mit Münchner Handschrift auf humorvolle Weise Sympathien gewinnen kann.

Erst einmal brauchen Sie aber die Sympathien des IOC. Wie sieht es denn da aus bei Ihren vielen Gesprächen mit den Herrn Funktionären?

Zwei Dinge sind mir hier besonders aufgefallen. Zum einen, dass fast alle Veteranen in der Sportwelt eine ganz emotionale Beziehung zur Stadt haben. Der Afrikaner Kip Keino etwa, Olympiasieger 1972 über die 3000 Meter Hindernis, heute Präsident des kenianischen NOK. Der hat München in bester Erinnerung.

Und zum anderen?

Dass kein IOC-Mitglied das schreckliche Olympia-Attentat von 1972 München anlastet. Dass jeder sagt, dass München nur zufällig Ort des Geschehens gewesen sei, dass der Einbruch des Terrorismus in die olympische Welt auf jedem Ort dieser Welt hätte stattfinden können. Dass da kein Schatten auf die Bewerbung fällt, ist beruhigend.

Was nicht heißt, dass München die Spiele bekommt.

Natürlich nicht. Viele Gespräche gehen in die Tiefe, oft freilich ist es auch nur ein Small Talk. Nice to meet you, I like Munich, did you enjoy your stay. Und sicher wird nicht jeder, der freundliche Worte über München sagt, uns auch die Stimme geben. Aber es fällt auf, welch positive Ausstrahlung Münchner Gastlichkeit und bayerische Lebensart haben.

Welche Ausstrahlung haben Münchens Konkurrenten?

Ich habe mit dem Bürgermeister von Annecy gesprochen, da hatte ich nicht den Eindruck, dass diese Bewerbung mit voller Power vorgetragen wird. Pyeongchang dagegen ist allgegenwärtig, die Koreaner haben sich schon zweimal beworben, die wissen immer mehr, worauf es ankommt.

Stellen Sie Querschüsse fest, dass Korea die Münchner Bewerbung hinter vorgehaltener Hand schlecht redet?

Nein, das wäre auch nicht mit den IOC-Richtlinien vereinbar.

Heißt ja nichts. Hat es ja schon oft gegeben.

Nein, Korea ist nur stark präsent, aber das sind wir ja auch. Allein durch die Personen. Katarina Witt etwa, die ich bei einem Abendessen mit IOC-Mitgliedern erleben durfte und dabei sah, wie ernst sie ihre Aufgabe als Repräsentantin des Kuratoriums nimmt. Wie sie sich einbringt als kluge und politisch interessierte Persönlichkeit, die jeder Debatte gewachsen ist. Oder Willy Bogner, der allen bekannt ist, nicht nur weil sie in seinen Anoraks rumlaufen, sondern wegen seiner Filme und seiner Präsenz bei Sportereignissen. Bei unserem Auftreten müssen wir also wirklich nicht in Minderwertigskeitskomplexe verfallen.

Dennoch, viele Fehler dürfen Sie sich nicht erlauben in diesen zwei Wochen. Das ist die wichtigste Phase der Münchner Bewerbung, 17 Monate vor der Entscheidung.

Eine ganz maßgebliche auf jeden Fall. Weil es das letzte Mal ist, dass so viele IOC-Mitglieder an einem Ort versammelt sind. Bei den Sommerspielen in London 2012 ist die Entscheidung ja schon gefallen.

Sie reden von Sommerspielen. Ist das auch noch ein Traum von Ihnen, oder ist München nicht inzwischen zu klein angesichts des Größenwahns, mit dem sich Sommerspiele entwickelt haben?

1972 haben die Spiele noch sehr gut zu München gepasst, aber Sie haben Recht, zur Zeit ist es die Regel, dass es schon sehr große Städte bei Sommerspielen sein müssen. Ich glaube aber nicht, dass man das laufend toppen darf, sonst wird das am Ende nur noch in einigen wenigen Weltmetropolen ausgetragen. Bei den menschlichen und sympathischen Winterspielen dagegen bin ich schon froh, dass sich die ohne Gigantomanie bewältigen lassen.

Was nehmen Sie mit, wenn Sie heimfliegen?

Die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, das fabelhafte Olympische Dorf, der ökologische Aspekt, die Wichtigkeit des Umweltschutzes, all das ist ein Vorbild für München. Nur beim Wetter, da suche ich mir dann doch noch andere Vorbilder.

Interview: Florian Kinast

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