"Zukunftsgerichtet": Was die neue Organisation für 1860 bedeutet – Ex-Bayer kein Trainer-Topkandidat mehr

Der Mittwochs-Wahnsinn gegen Viktoria Köln (2:2) war erst ein paar Minuten vorüber, das Stadion an der Grünwalder Straße hatte sich mittlerweile größtenteils geleert – doch am Spielfeld gab es beim TSV 1860 noch Gesprächsbedarf. Angreifer Florian Niederlechner stand dort, umringt wurde der Herzenslöwe von Präsident Gernot Mang, von Vizepräsident Peter Schaefer und von Verwaltungsrat Sebastian Seeböck.
Es ist anzunehmen, dass sie die Eindrücke des Abends austauschten. Man könnte aus dieser Szene aber auch herauslesen, dass Niederlechners Meinung etwas gilt, dass die Perspektive des erfahrenen Erstligaprofis auch in Führungskreisen geschätzt wird. Auch bei den anstehenden Personalentscheidungen?
Nun, Niederlechner wird gewiss nicht das letzte Wort haben, aber vielleicht kann er beschreiben oder umreißen, welche Art der Ansprache oder Begleitung diese Löwen-Mannschaft benötigt. Dass er grundsätzlich dieses Team wesentlich prägen möchte, das hatte der 34-Jährige erst vor dem Aue-Spiel (0:2) vehement bekräftigt.
Mindestens das Werner-Aus hatte nur bedingt mit der sportlichen Krise zu tun
"Ich muss und ich will der Anführer sein", hatte Niederlechner gesagt, nachdem er Stunden zuvor noch ein längeres Einzelgespräch mit Trainer Patrick Glöckner geführt hatte. Zwischen Botschaft und Aktion lag schließlich eine gewiss ungewollte Diskrepanz, Glöckner und auch Geschäftsführer Christian Werner mussten am Tabula-rasa-Sonntag auf Giesings Höhen gehen.

Mindestens aber Werners Demission hatte bestenfalls indirekt mit der sportlichen Talfahrt zu tun. Bei Glöckner argumentierte Mang ganz streng mit der Stagnation in Ergebnis und Entwicklung, aber hob hervor, dass der Teamgeist weiterhin stimmt. "Ich habe mit der Mannschaft gesprochen, sie ist intakt, ist heiß, hungrig, die will nach vorne", sagte Mang bei Magentasport. Die Ausführungen über Werner deuteten hingegen an, dass die Problemfelder tiefliegender sind und nicht allein mit den Vorwochen zu tun hatte.
"Wir haben sehr viele Gespräche geführt, innerhalb und außerhalb des Vereins, im NLZ, mit den gesamten Beteiligten", berichtete Mang. Offenbar kamen da Dissonanzen zum Vorschein, denn wäre das Feedback der Unterhaltungen durchweg positiv gewesen, hätte es wohl kaum diesen Handlungsdruck gegeben.
TSV 1860 will durch Talente wieder mehr Identifikation kreieren
Relativ deutlich wurde zum Beispiel, dass für die Löwen-Bosse die Einbindung der Nachwuchstalente aus dem NLZ unzureichend war. "Es geht ja nicht nur um die Mannschaft, es geht um den gesamten Verein, um die Art und Weise, wie man den Verein führt", sagte Mang, ohne ins Detail gehen zu wollen. Aber: "Wir setzen sehr viel auf die Jungen, das hat man einfach vernachlässigt. Da sind viele Puzzlesteine zusammengekommen."
Es ist vor diesem Hintergrund wohl kein Zufall, dass Manfred Paula, der eben dieser blauen Nachwuchsschmiede vorsteht, federführend an der Übergangsphase mitwirkt und auch federführend in die Nachfolgegestaltung eingebunden ist. "Es gibt einen klaren Fahrplan, der mit dem Präsidium abgestimmt ist", sagte der 60-Jährige bei seiner Vorstellung als aktueller Cheftrainer-Fahnder. Diesen Job will er schnellstmöglich abschließen, idealerweise soll rasch nach dem Gastspiel am Sonntag beim SV Wehen Wiesbaden (16.30 Uhr) der neue Löwen-Dauerdompteur gefunden sein.

Man muss kein Nobelpreisträger sein, um zu erkennen, worauf künftig besonders geachtet wird: Identifikation. Mang beschrieb im TV das Trainerprofil schon mal recht eindeutig. "Er muss ein gestandener Profi sein, der die Dritte Liga und die Bundesliga kennt", setzte der 57-Jährige an, um dann sehr präzise zu werden: "Der aber vor allem die Jugend mitnimmt, der die Jugendspieler integriert, der die Mannschaft besser macht. Das ist das A und O, was wir uns wünschen." Weitere Sean Dulics oder Clemens Lippmanns will Mang also sehen.
Lauth neuer Sportdirektor? Wörle nicht mehr der Trainer-Topfavorit
Vielleicht kommt an dieser Stelle dem künftigen technischen Direktor besondere Bedeutung zu, denn der soll exakt an der Schnittstelle zwischen Nachwuchs und Profis wirken. Klingt das nicht nach dem nächsten möglichen Job für Paula? "Ich habe einiges gesehen, in unterschiedlichen Funktionen. Ich denke schon, dass ich Erfahrungswerte und Wissen einbringen kann", sagte dieser zuletzt über seine Qualitäten.
Davon könnte ein eher junger Sportdirektor wie Benjamin Lauth sicher profitieren. Ist das die personelle Kombination, die Mang vorschwebt? Und heißt der neue Trainer dann Thomas Wörle? Unklar. Der frühere Ulmer Aufstiegscoach ist nicht mehr der Top-Favorit auf den Posten, wie er es nach AZ-Infos noch vor einigen Tagen gewesen ist.
Mang jedenfalls hat klare Vorstellungen vom neuen Löwen-Konstrukt – und er ist bereit, diesen Plan mit seinen Mitstreitern rigoros durchzusetzen. Eine Einlassung Paulas unterstrich dies: "Wir gehen sehr strukturiert vor und vor allem nach vorne gerichtet, zukunftsgerichtet." Ein strategischer Kopf für den kaufmännischen Bereich soll schließlich auch noch dazugehören, "der sich um die Finanzen, Lizenzierung, Fortführungsprognosen und so weiter kümmert", so Mang. Es wird spannend zu beobachten sein, ob und wie erfolgreich all diese Maßnahmen greifen.