Zu lasch? Lienen macht Lauth Druck

Nach dem verkorksten Saisonstart droht der Löwen-Trainer ausgerechnet seinem einzigen Star mit der Reservistenrolle: „Es kann sein, dass auch mal ein Lauth nicht im Kader ist“
MÜNCHEN Aus der Ferne betrachtet wirkte Ewald Lienen am Dienstag beim Laktattest seiner Mannschaft eigentlich recht entspannt. Der Löwen-Trainer saß in einer kurzen Trainingshose fernab der Tartanbahn auf der Tribüne im Hachinger Stadion an der Grünauer Allee und machte sich, wie sonst auch, eifrig Notizen in seinem Block.
Doch allzu gut gelaunt war der 55-Jährige nicht. „Es ist völlig klar“, sagte der Trainer, „dass wir die Zeit jetzt nutzen, um eine Kontrolle zu haben.“ Die Zeit in der Länderspielpause. Lienen will herausfinden, ob seine Spieler tatsächlich an ihre Leistungsgrenze gehen, oder ob sie in Sachen Fitness geschlampt haben.
Nach dem verkorksten Start in die Zweitliga-Saison – die Löwen rangieren mit vier Zählern auf Rang 13 – erklärte der Löwen-Coach nun: „Ich will wissen, wo unsere Defizite sind oder ob es eine Willensfrage ist.“
Schon am Mittwochmorgen erhält Lienen die Werte des Bluttests und somit auch wissenschaftlich belegte Klarheit. Allerdings scheint er die Resultate schon zu ahnen. „Ich weiß jetzt schon“, sagte Lienen spitzbübisch, „wer da gut und wer schlecht abschneidet. Ich bin nicht zufrieden, was wir im offensiven Bereich leisten. Wir müssen viel mehr laufen.“ Viel mehr als beispielsweise zuletzt beim enttäuschenden 0:0 in Ahlen.
Einer, dem die Kritik gilt, ist ausgerechnet Kapitän Benny Lauth. Der Ex-Nationalspieler, der in den ersten beiden Spielen gegen Koblenz (2:0) und Rostock (1:2) jeweils traf und in der Vorsaison mit 15 Saisontreffern die Garantie für den Nichtabstieg war, befindet sich in einem Formtief. Lienen erklärte nun knallhart: „Es geht darum, den Platz abzureißen. Es kann nicht sein, dass unsere Fans quer durch Deutschland fahren und sich hinterher die Augen reiben.“ Was auch Lienen selbst offenbar im Fall Lauth zuletzt getan hat. Er droht seinem einzigen Top-Star – und ganz nebenbei auch Neuzugang Alexander Ludwig – offen mit der Ersatzbank. „Es kann auch mal sein, dass ein Alexander Ludwig oder Benny Lauth nicht im Kader sind. Es geht bei 1860 nicht darum, Erbhöfe zu verteilen“, so Lienen, „ich werde nicht mehr akzeptieren, dass einer bei mir mit 70 Prozent spielt. Solche Spieler werden bei mir nicht mehr auf den Platz laufen.“
Lienen macht Druck, auf vermeintlich große Namen will er künftig keine Rücksicht mehr nehmen. „Wir haben Mlapa, Lushtaku oder Camdal“, fügte der unzufriedene Coach hinzu, „dann spielen halt die.“
Auch dass Alexander Ludwig, der vor der Saison vom FC St.Pauli kam und als potenzieller Leistungsträger eingestuft wurde, mit seiner Position auf dem linken Flügel nicht zurecht kommt und sich ein Alibi sucht, darüber kann Lienen nur schmunzeln: „Jemand, der in einer Topverfassung ist, der kann überall spielen. Diese Diskussion geht um Lichtjahre an der Realität vorbei. Im Offensiv-Verhalten hat Ludwig alle Möglichkeiten der Welt. Vielleicht redet der Lude sich das nur ein, dass er auf der falschen Position spielt...“ Weshalb die Drohung auch gleich mit einer positiven Langzeitprognose Lienens verbunden wurde: „Er hat das Potenzial, uns zu helfen und Tore zu erzielen.“ Was natürlich auch für Lauth gilt.
Insgesamt wünscht sich Lienen Geduld im 1860-Umfeld: „Wir müssen unserer Mannschaft noch Zeit geben, sich einzuspielen.“ Dazu passt, dass am Freitag beim österreichischen Traditionsklub Wacker Innsbruck (18.30 Uhr) getestet wird.
Oliver Griss