Willst du schönen Fußball sehen, musst du zu den Löwen gehen

Verkehrte Fußballwelt in München? Während Rekordmeister FC Bayern seine Fans spielerisch weiter leiden lässt, begeistern die Löwen vom TSV 1860 mit Offensivkunst.
Filippo Cataldo, Marco Plein |
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Daniel Halfar jubelt nach seinem Tor zum 1:0 in der 10. Minute gegen Erzgebirge Aue.
dpa Daniel Halfar jubelt nach seinem Tor zum 1:0 in der 10. Minute gegen Erzgebirge Aue.

Verkehrte Fußballwelt in München? Während Bayern seine Fans spielerisch weiter leiden lässt, begeistern die Löwen mit Offensivkunst

München - Das Spiel, die Sommer-Gala in Fröttmaning war schon lange vorbei, die Spieler waren längst in der Kabine verschwunden. Doch die Fans dachten nach diesem 4:0 der Sechzger gegen Aue gar nicht daran, nach Hause zu gehen. Immer wieder intonierten sie die Klassiker der Fußball-Glückseligkeit. „So ein Tag, so wunderschön wie heute”, sangen sie. Und: „Seht ihr Bayern, so wird das gemacht!” Und sie skandierten: „Die Nummer 1 der Stadt sind wir!”

Nun dürfen Fans bekanntlich fast alles. Und so viele blaue Festwochen hatte es zuletzt auch nicht gegeben, als dass man den Anhängern die Euphorie und den Übermut angesichts des (einschließlich Pokal) vierten Siegs der Mannschaft hintereinander und des Sprungs auf einen Aufstiegsplatz verdenken könnte.

Und ganz falsch ist es ja nicht. Während die Bayern am Samstag beim 1:0 in Wolfsburg erst in der Nachspielzeit mit ganz viel Dusel durch Luiz Gustavos Tor den kompletten Fehlstart in der Bundesliga verhinderten, aber weiter seltsam ideenlos wirken, überrollen die Löwen um den alle überragenden Doppeltorschützen Daniel Halfar ihre Rivalen im Unterhaus derzeit scheinbar nach Belieben. Zwölf Tore gelangen der Truppe um Coach Reiner Maurer in den ersten vier Ligaspielen, saisonübergreifend waren es sogar 37 Treffer in den letzten 14 Partien. Eine wahrhaft formidable Quote in der Kämpfer- und Treterliga zwei. „Im Spiel nach vorne war Aue ein Bummelzug, 1860 dagegen ein ICE", kannte Aues Coach Rico Schmitt ernüchtert an.

Natürlich nur eine Momentaufnahme, aber doch: „Wer schönen und offensiven Fußball sehen will in München, der muss zu 1860 gehen”, wie Löwen-Sportchef Florian Hinterberger am Sonntag augenzwinkernd sagte. Ganz falsch ist es nicht. Während Bayern auch unter Jupp Heynckes noch nach den Überraschungsmomenten im recht monotonen Ballgeschiebe sucht, gewinnen die Löwen ihre Spiele – und haben im letzten halben Jahr so etwas wie Spielkultur entwickelt. Und berauschen damit mittlerweile Fans und sich selbst. „Unsere vier Offensivleute verstehen sich einfach blind. Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen”, sagt etwa Daniel Bierofka, der gegen Aue einen überragenden Ballverteiler gab. „Wer jetzt noch nicht kapiert hat, dass wir tollen Fußball spielen können, ist selbst schuld”, meinte Kapitän Benny Lauth, der am Samstag den Treffer zum 3:0 besorgte und hofft, dass künftig wieder mehr Fans ins Stadion kommen als die 24600 vom Sonntag. Beste Werbung dafür sind solche Spiele. „Keiner der Fans hat heute das Kommen wohl bereut. Mit dem Verein sind wir gerade in gutem Fahrwasser unterwegs”, meinte Maurer.

Dass dies so ist, liegt auch und vor allem an ihm. „Die Jungs dürfen Fußball spielen, so soll es sein, das ist toll”, sagt etwa Meisterlöwe Fredi Heiß, „es ist lange her, dass ich so viel Spaß an meinen Löwen hatte. Außer vielleicht Frankfurt kann uns in der Zweiten Liga fußballerisch keiner das Wasser reichen.” Und in München sei man, was das fußballerische anginge, derzeit ohnehin vorne. „Bei Bayern sind lauter tolle Spieler, aber momentan hat man nicht das Gefühl, dass da schon eine wirkliche Mannschaft auf dem Platz steht. Die rennen nicht mehr als nötig”, so Heiß.

Ganz anders als die Löwen: „Die Mannschaft hat einen Charakter, der begeistern kann”, meint Präsident Dieter Schneider, „die ganze Truppe fühlt sich für den anderen verantwortlich.”

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