Wettalarm vorm Löwensieg

Die Löwen stehen nicht unter Verdacht und können nichts dafür. Und doch könnten auch sie in den internationalen Wettskandal geraten sein. Vor dem 1:0 in Oberhausen gab es einen Manipulationsverdacht. In Asien waren ungewöhnlich hohe Summen auf eine Niederlage Oberhausens gesetzt worden. Die DFL schickte einen Warner in die Kabinen.
Der Besucher kam unangekündigt. Weniger als eine halbe Stunde vor dem Anpfiff im Niederrheinstadion in Oberhausen betrat Hellmut Krug die Kabine der Löwen. Krug (53) galt in den 90er Jahren als einer der weltbesten Schiedsrichter, mittlerweile berät er die DFL in Schiedsrichterfragen. Am Sonntag aber war er unterwegs im Auftrag des DFB und der Uefa. Die Sechzger hatten nichts verbrochen. Und doch kam Krug, wie inzwischen offiziell bestätigt, als Warner. Krug appellierte an die Spieler, ein faires Spiel abzuliefern.
Das Spiel der Löwen in Oberhausen, das schließlich 1:0 endete, stand unter Manipulationsverdacht! Nach AZ-Informationen sollen bei Wettanbietern in Asien insgesamt rund 1,1 Millionen Euro auf eine Niederlage Oberhausens gesetzt worden sein. Eine ungewöhnlich hohe Summe für ein Spiel der zweiten Bundesliga. Wegen der hohen Einsätze fiel die Quote für einen Löwensieg weltweit von 2,60:1 auf 1,80:1. Kurz vor Spielbeginn soll auch das vom DFB mitfinanzierte Frühwarnsystem „Sportradar“ eine Warnung an die in Europa ansässigen Wettanbieter und den DFB verschickt haben: Das Spiel stehe unter Manipulationsverdacht. Zahlreiche Wettanbieter nahmen daraufhin keine Wetten mehr auf das Spiel an.
[1860-Sportdirektor Miki Stevic bestätigte den Vorgang. Auf AZ-Anfrage sagte er: „Ja, es stimmt. Hellmut Krug war vor dem Spiel in der Kabine und hat einen Vortrag gehalten und gesagt, dass das Spiel aufgrund von erhöhten Wetteinsätzen unter Beobachtung steht.“
Auch die Oberhausener Spieler und die Schiedsrichter besuchte Krug vor dem Spiel. Seine Botschaft war eindeutig und könnte so umschrieben worden: Bleibt anständig, wir schauen ganz genau hin! Doch gab es dafür überhaupt eine Veranlassung? Kann es sein, dass Wettbetrüger so dreist sind? Dass nur zwei Wochen nach Bekanntwerden des neuen, europaweiten Skandals, bei dem eine Bande um die in Untersuchungshaft sitzenden Berliner Brüder Ante und Milan S. rund 200 Spiele manipuliert haben soll, schon wieder versucht wird, Spiele zu verschieben? In einer so hohen Spielklasse? Klar ist nur: Von 1860 steht niemand unter Verdacht, irgendetwas Unlauteres getan zu haben. Die Löwen wollten das Spiel gewinnen. Auch die Zocker in Asien wollten das.
Für die Oberhausener Kicker gilt gleichfalls die Unschuldsvermutung. Dass die Heimmannschaft – so wie in diesem Spiel – beste Chancen auslässt, passiert im Fußball immer wieder. Und dass die umkämpfte Partie durch ein Eigentor des Oberhauseners Marinko Miletic entschieden wurde? Auch das muss nichts bedeuten. Selbst Franz Beckenbauer sind früher Eigentore unterlaufen – da war Hellmut Krug noch nicht mal Schiedsrichter.
Filippo Cataldo, Oliver Griss